SPDs Versuch der Rückbesinnung: Steuerreform für mehr soziale Gerechtigkeit

Von Susan Bonath

Die SPD hat bereits vor über einem Jahrhundert begonnen, von ihren sozialdemokratischen Grundsätzen abzuweichen. Heute ähnelt ihre Agenda eher neoliberalen Konzepten, die kaum von denen der CDU oder FDP zu unterscheiden sind. Die einst treue Basis der Arbeiterklasse hat sich von der Partei abgewendet. Nun jedoch scheint es, als wolle die SPD mit einem neu veröffentlichen Positionspapier „zu ihren Wurzeln zurückkehren“. Ziel ist es, normale Einkommen steuerlich zu entlasten, während höhere Einkommen stärker besteuert werden sollen.

Diese Maßnahme könnte als verzweifelter Versuch gedeutet werden, dem politischen Untergang zu entgehen. Die Politik der SPD der letzten Jahrzehnte wirft jedoch ernsthafte Fragen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit solcher Versprechen auf. Die Reaktion der neoliberalen Spitzenvertreter, wie der CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz sowie der FDP-Chef Christian Lindner, auf die Vorschläge sind stark von Sorge geprägt, sieht man doch die eigene wirtschaftliche Begünstigung in Gefahr.

SPD: Bessere Besteuerung für Superreiche

Das Strategiepapier der SPD, das am Wochenende vorgelegt wurde, erscheint wie ein letzter Versuch, den Niedergang zu stoppen. Das Papier enthält Vorschläge zur Stabilisierung der Altersvorsorge, einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde und der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für besonders hohe Vermögen.

Zudem plant die SPD, die Steuern für die Mittelschicht zu senken und die Steuerlast für sehr hohe Einkünfte deutlich zu erhöhen, um eine gerechtere Steuerprogression zu schaffen.

Steuersystem und Normalverdiener

Ab 2024 soll der Staat bereits 14 Prozent Steuern auf jeden Euro oberhalb des Grundfreibetrags von 11,784 Euro einziehen. Für Einkommen über monatlich 5,563 Euro gilt dann der Spitzensteuersatz von 42 Prozent.

Der Spitzensteuersatz hat historisch betrachtet schon einmal bei 56 Prozent gelegen, wurde jedoch über die Jahre reduziert. Dahingegen wurden die Einkommensgrenzen seit Jahrzehnten nicht entsprechend angepasst, was dazu führte, dass Normalverdiener stärker belastet und Superreiche bevorzugt wurden.

Neoliberale Reaktionen

Ungeachtet der Fragwürdigkeit der plötzlichen Sinnesänderung der SPD für den Wahlkampf, scheinen ihre Pläne eine positive Richtung vorzugeben. Doch Personen wie Merz und Lindner zeigen sich entrüstet. So äußerte sich Merz in einer ARD-Sendung „schockiert“ über die Vorschläge und vertritt die Ansicht, dass derartige Steuererhöhungen den Mittelstand belasten würden.

Indes greift FDP-Chef Lindner alte Klischees über Planwirtschaft auf und behauptet, die SPD entferne sich mit ihrem Papier von der sozialen Marktwirtschaft, was er als Hinwendung zu einem dirigistischen Wirtschaftssystem deutet.

Die Wahrheit über die Stellung der Mittelschicht

Doch in Wirklichkeit würde der SPD-Vorschlag hauptsächlich das oberste Prozent treffen, das dann einen höheren Steuersatz zahlen müsste. Personen mit Einkommen weit unterm vorgesehen Grenzwert würden durch die Reform sogar entlastet.

Es ist offensichtlich, dass Hochverdiener wie Merz, die sich als „Leistungsträger“ der Mittelschicht zurechnen, hauptsächlich ihre eigenen Vorteile verteidigen wollen. Die finanzielle Schieflage, in der sich Normaleinkommensbezieher und der wahre Mittelstand befinden, wird oft missachtet.

Neoliberalismus und seine Folgen

Die neoliberale Politik hat in den letzten Jahrzehnten soziale Ungleichheiten verstärkt und ist historisch gesehen gescheitert. Eine echte Wende in der Sozialpolitik scheint nötig, auch wenn die Glaubwürdigkeit der SPD in diesem Punkt schwach bleibt. Ihre Initiative könnte allerdings einen notwendigen Diskurs über die gerechtere Umverteilung von Einkommen anstoßen.

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