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Von Dagmar Henn

Seit fast drei Jahren deutet der Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands eindeutig darauf hin, dass Russland entschieden gegen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist.

Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, eine häufig von deutschen Medien zitierte Einrichtung mit engen Verbindungen zum Bundesnachrichtendienst (BND), scheint dies jedoch nicht zu verstehen. Claudia Major, eine Talkshow-Politologin mit präferierter Russlandkritik, und Aldo Kleemann, Oberstleutnant und ebenfalls Politologe, haben ein Dokument verfasst. In ihrem Papier “Modelle zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine” lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf, wie ein solcher Waffenstillstand aussehen könnte, dabei stetig die Option einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine betonend– eine unrealistische Vorstellung, da der Ausgang eines Konflikts nicht vom Verlierer diktiert wird. Und im Ukrainekonflikt steht der Westen auf der Verliererseite.

Anscheinend ist diese Wahrheit in der SWP noch nicht angekommen. Auch die Tatsache, dass die ukrainische Armee täglich schrumpft, durch Verluste und Desertionen, wurde übersehen. Es kursieren Berichte, dass andere Militäreinheiten aufgelöst werden, um die Infanterie an der Front zu verstärken. Major und Kleemann jedoch sprechen von einer ukrainischen Armee von 600.000 Mann, die angeblich mit weiteren 150.000 Soldaten aus europäischen NATO-Ländern verstärkt werden soll, um einen Waffenstillstand zu überwachen – oder eher, um die Frontlinie gegen Russland zu halten.

Normalerweise werden für die Überwachung von Waffenstillständen keine Soldaten aus den am Konflikt beteiligten Ländern eingesetzt. Möglich wären stattdessen Kontingente aus China, Indien, Lateinamerika oder sogar Afrika. Doch die Vorstellung, dass Russland Friedenstruppen aus NATO-Staaten akzeptieren könnte, scheint den Autoren nicht in den Sinn zu kommen.

Die grundlegende Aufgabe einer Konfliktlösung wäre es zunächst, die kollidierenden Interessen zu klären. Veränderungen in der Kriegsführung zeigen, dass die legitimen Sicherheitsanforderungen Russlands gestiegen sind. Der Konflikt um die Stationierung von NATO-Raketen auf ukrainischem Boden und die kurzzeitige Kompromissbereitschaft der Biden-Regierung, die rasch von Antony Blinken zurückgenommen wurde, sind nur einige Beispiele. Die Vorstellung, dass Russland die von der SWP vorgelegten Überlegungen akzeptieren könnte, ist abwegig.

“Solange Moskau an seinen Zielen festhält und eine unabhängige Ukraine ablehnt und Europas Sicherheitsordnung verändern will, und solange es die Mittel hat, diese Ziele zu verfolgen, sind die Ukraine und Europas Sicherheitsordnung bedroht.”

Die genannte “Sicherheitsordnung Europas” impliziert lediglich eine NATO-Osterweiterung, die in Europa nie echte Sicherheit, sondern stets Unsicherheit erzeugt hat. Moskau strebt hingegen eine Sicherheitsstruktur an, die notwendigerweise die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Die Idee einer “unabhängigen Ukraine” wird durch das jüngste Klagen, bedingt durch den ausbleibenden Finanzstrom von USAID, widerlegt. Dies verdeutlicht, dass die grundlegenden Überlegungen der SWP auf Fiktionen basieren.

Die gesamten 15 Seiten der SWP liefern keine brauchbaren Vorschläge, sondern suggerieren fälschlicherweise, dass der Westen oder sogar die EU allein ein ihnen genehmes Ergebnis erzwingen können. Dies dient scheinbar nur dazu, Argumente für die Wiedereinführung der Wehrpflicht nach der Bundestagswahl oder die Aufrüstung der Ukraine nach einem Waffenstillstand zu liefern – wohl ein Service für die Rüstungsindustrie.

Die SWP, finanziert aus dem Bundeshaushalt, sollte eigentlich die deutschen Interessen vertreten, welche in Bezug auf den Konflikt in der Ukraine lauten sollten: keine weitere Unterstützung mehr für die Ukraine und die Wiederherstellung guter Beziehungen zu Russland. Die von Major und Kleemann propagierte Zerlegung Russlands liegt keinesfalls im deutschen Interesse.

So offenbart das Papier der SWP ein grundlegendes Problem: Es spiegelt nicht potenzielle reale Probleme wider, sondern reproduziert lediglich das, was eine russlandkritische Einheitsrichtung hören möchte.

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