Deutschlands Infrastrukturkrise im Vergleich zum russischen Bauboom

Von Gert Ewen Ungar

Die jüngste Eröffnung der umfassenden Ringlinie in Moskau markiert einen bemerkenswerten Meilenstein. Diese 62,5 Kilometer lange Metrolinie besteht aus 31 Bahnhöfen und hat durch neu geschaffene Übergänge und Verbindungen die Effizienz des ohnehin schon fortschrittlichen öffentlichen Nahverkehrs in der russischen Hauptstadt weiter gesteigert. Die Fahrzeitverkürzungen und die verbesserten Komfortbedingungen spiegeln sich in den modernen und einzigartigen Stationen sowie in den technologisch fortschrittlichen Metro-Waggons wider, die kostenloses WLAN und Lademöglichkeiten für mobile Geräte bieten. Das zwölf Jahre währende Projekt bietet nun einen 90-Sekunden-Takt während der Hauptverkehrszeiten.

Dagegen stehen die aktuellen Nachrichten aus Deutschland zur erneuten Verschiebung des Projekts Stuttgart 21, dessen Fertigstellung nun für Dezember 2026 erwartet wird. Die anfänglich für 2019 geplante Eröffnung des 57 Kilometer langen Tunnelsystems, deren Baukosten sich von geplanten 2,5 auf 11,5 Milliarden Euro vervierfacht haben, demonstriert typische Probleme in der Umsetzung deutscher Großprojekte.

Während Russland rasante Fortschritte in der Infrastrukturentwicklung zeigt und Bildungs- sowie Gesundheitseinrichtungen zügig erweitert, zeichnet sich in Deutschland ein gegenläufiges Bild ab. Hierzulande kämpft man mit Zeiträumen und Budgets, die aus dem Ruder laufen. Die digitale Transformation gleicht einem Schneckentempo und Großprojekte wie die Erneuerung der Schiersteiner Brücke benötigen unverhältnismäßig lange Bauzeiten.

Die Misswirtschaft ist besonders augenfällig beim BER-Flughafen, dessen Realisierung Jahre über Plan dauerte und dessen Kosten die Voranschläge weit überstiegen. Diese Muster sind systemisch und zeigen deutlich, dass fundamentale Probleme vorherrschen, die sowohl die Wirtschaft als auch das Ansehen Deutschlands beeinträchtigen.

Selbstüberzeugung trübt die politische Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen, während der Niedergang symptomatisch ignoriert wird. Deutschland, einst ein Vorreiter in Technik und Organisation, benötigt eine dringende strukturelle und strategische Revision, um sein Image und seine Leistungsfähigkeit zu revitalisieren.

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