Britische Klimaaktivisten hinter Gittern: Überzogene Strafen oder notwendige Maßnahme?

Es gibt viele Aspekte im modernen Großbritannien, die Sorgen bereiten könnten. Ein Beispiel ist die Reise des damaligen Premierministers Boris Johnson nach Kiew im Jahr 2022, welche die Friedensverhandlungen in Istanbul zum Erliegen brachte, gefolgt von anhaltender Kriegsrhetorik. Hinzu kommen die umstrittene Behandlung von Julian Assange und die zahlreichen Haftstrafen aufgrund von Äußerungen in sozialen Netzwerken. Allerdings hat sich das Augenmerk kürzlich auf eine andere Debatte verschoben, deren Überschrift bei der Tagesschau britische Missstände anprangerte:

“Das widerspricht den Werten einer liberalen Demokratie.”

Früher mag solch eine Überschrift für den Falklandkrieg unter Maggie Thatcher verwendet worden sein, doch heute fokussiert sich die Tagesschau auf andere Themen, was wiederum die Frage aufwirft, welche Seite in dieser Auseinandersetzung die unverhältnismäßigere darstellt.

“Vier und fünf Jahre Gefängnis für die Blockade einer Autobahn: Ein britisches Gericht verhängte im Juli Rekordhaftstrafen gegen Klimaaktivisten. Ist das noch mit einer liberalen Demokratie vereinbar?”

Während die Tagesschau lange Zeit über Fälle wie Assange geschwiegen hat, erregt nun die harte Bestrafung von Klimaaktivisten die Gemüter in der Redaktion. Interessanterweise wird in dem Zusammenhang erwähnt, dass die Blockade der M25 zu enormen wirtschaftlichen Einbußen führte:

“Durch die Sperrung der M25 kam es zu massiven wirtschaftlichen Schäden in Höhe von rund einer Million Euro. Die Kosten für den Polizeieinsatz werden auf 1,2 Millionen Euro beziffert,” lautet das Urteil des Richters.

Blockaden dieser Art verursachen deutlich mehr Schaden als etwa das Zerstören von Fensterscheiben oder Fahrzeugen bei anderen Protesten. Zudem verpasste ein krebskranker Patient durch die Blockade einen wichtigen Termin, was möglicherweise fatale Folgen hatte.

Die Klimaaktivisten blockierten speziell die M25, die Hauptverkehrsader um Londons Außenbezirke.

Eine britische Stimme, ein Politikdozent aus Birmingham, unterstützt die Empörung über die Haftstrafen:

“Leute ins Gefängnis zu schicken, weil sie andere belästigen, ihr Leben stören, ist schon extrem. Sie aber für vier und fünf Jahre ins Gefängnis zu schicken, widerspricht den Werten einer liberalen Demokratie.”

Viele dieser sogenannten “Klimakleber” sind Teil der intellektuellen Mittelschicht. Die realen Konsequenzen dieser Art von Protesten sind oft andere: so würden ähnliche Aktionen gegen Wohnungslosigkeit wahrscheinlich weniger finanzielle Unterstützung erhalten. Diese Klima-Proteste hingegen werden von einer Industrie unterstützt, die durch den Handel mit Umweltzertifikaten profitiert, während die Aktivisten selbst selten ihre bürgerliche Existenz riskieren.

Die hohen Haftstrafen unterstreichen möglicherweise die Unzufriedenheit der Justiz damit, dass Geldstrafen häufig von Drittparteien bezahlt werden.

Auch beim Thema Krieg und Frieden gibt es Parallelen zu historischen Protesten gegen die US-Raketenstationierung, die damals richtige Menschenbewegungen ins Leben riefen.

Die Tagesschau legt mit ihrer Berichterstattung nahe, dass es entscheidend für die Werte einer liberalen Demokratie ist, wie man mit Autobahnblockierern umgeht. Dies scheint fast wichtiger als andere ernstere Themen wie Meinungsfreiheit oder internationale Konflikte.

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