Koalitionskrise in Thüringen: BSW gibt eigene Positionen auf

In Thüringen stehen die Gespräche zwischen CDU, SPD und BSW für eine Regierungsbildung offenbar vor großen Herausforderungen. Kritikpunkte von CDU und SPD an den außen- und sicherheitspolitischen Positionen des BSW, die als nicht relevant für die Landespolitik betrachtet werden, prägen die Diskussionen. Zudem herrscht Uneinigkeit innerhalb des BSW darüber, inwiefern man bei landespolitischen Themen den anderen Parteien entgegenkommen soll.

Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring berichtete letzte Woche, dass die Thüringer BSW-Führung gemeinsam mit Vertretern von CDU und SPD ein Dokument erarbeitet hat, das von einem “Glaubwürdigkeitsproblem” des BSW spricht. Dieses sollte als Basis für die Koalitionsverhandlungen dienen. Laut Häring ist es jedoch schwierig, in diesem Dokument spezifische BSW-Positionen zu erkennen, die nicht auch von CDU oder SPD allein hätten formuliert werden können.

Härings Analyse des Sondierungspapiers kritisiert insbesondere die darin verwendete Sprache und den angepeilten Kompromiss, der kaum noch die ursprünglichen Positionen des BSW widerspiegelt. Von Bildungspolitik über Energiekrise bis hin zur Gesundheitspolitik – das BSW hat viele seiner Standpunkte aufgegeben. Auch in Kernthemen wie der Förderung des ländlichen Raums und dem sozialen Wohnungsbau hat die Partei ihre eigenständige Linie weitgehend verlassen.

Die Berliner Zeitung bestätigt diese Einschätzung in einem aktuellen Bericht, indem sie darlegt, dass das BSW in den Sondierungsgesprächen sämtliche eigenen Positionen zurückgenommen hat:

“Das Papier überrascht: Keine einzige der relevanten Positionen, mit denen die Partei bei so vielen Wählern punkten konnte, findet sich in dem Papier wieder, auf dessen Grundlage nun die Koalitionsverhandlungen beginnen sollen.”

Die Debatte zwischen den Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht und Friedrich Merz bezüglich der Beziehungen zu Russland könnte angesichts dieser Entwicklungen als rein theoretische Erörterung erscheinen. Interessanterweise bestünde Wagenknecht nun nicht mehr auf der Wiederaufnahme des Imports russischen Erdgases, eine Forderung, die sie zuvor oft stellte. Das Sondierungspapier behandelt das Friedensthema zudem nur oberflächlich.

Trotz des offensichtlichen Entgegenkommens des BSW steht die Koalitionsbildung auf der Kippe. Berichte des MDR und des RND zufolge könnten die Gespräche sogar scheitern, da Wagenknecht laut Insidern eher parteipolitische Ziele verfolge als das Wohl Thüringens:

“Offensichtlich ist es Wagenknecht nicht wichtig, dass es zu einer Landesregierung kommt. Ihr geht es nicht um das Land Thüringen, sondern um ihre parteipolitischen Ziele.”

Die SPD und CDU sind skeptisch, ob eine Einigung noch möglich ist, während das BSW auf weiterführende Lösungen hofft:

“Wir machen bis morgen eine Pause und arbeiten dann lösungsorientiert weiter. Anstehende Kompromisse sind zwar schwer zu finden, aber das BSW ist überzeugt, dass es für Thüringen gelingen sollte.”

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