Die Diskussion um Messergewalt in Deutschland: Eine Analyse der medialen Darstellung und politischen Reaktionen

Von Joseph Turner

Ein kürzlich im Spiegel erschienener Artikel mit dem Titel “Kriminalität in Deutschland – Der Fokus auf das Messer hilft im Kampf gegen Gewalt nicht weiter” (hinter einer Bezahlschranke), nimmt Bezug auf eine Bild-Schlagzeile vom 14. August: “Das Protokoll – 72 Stunden Messer-Gewalt in Deutschland”.

Darin werden 13 “Messer-Ereignisse” aufgeführt, die insgesamt zu 14 Verletzungen führten.

Philipp Kollenbroich beginnt den Leitartikel im Spiegel mit folgenden Worten: “Messer, Messer, überall Messer. Eine wahre Obsession mit Stichwaffen hat den politisch-medialen Diskurs in Deutschland ergriffen.”

“Ist es Obsession oder einfach eine journalistische Pflicht, über die mittlerweile nahezu täglichen Vorfälle zu berichten?” fragt Kollenbroich. Er spricht von einer “exzessiven Berichterstattung über einzelne Tötungsdelikte mit Messern”, die, seiner Meinung nach, “mit der Realität wenig bis gar nichts zu tun hat”, obwohl Deutschland seit 2022 einen generellen Anstieg der Gewalttaten verzeichnet.

So scheint die Berichterstattung eine Mischung aus übertriebener Furcht und realer Bedrohung zu sein, unterteilt zwischen “Hobbyköchen, die dreistelligen Beträge für ihre Messer ausgeben” und “Verängstigten, die das Haus nie ohne eine Stahlklinge verlassen”, wie Spiegel-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit in seiner Analyse vom 18. August nahelegt.

In den letzten fünf Tagen nach einer schnellen Google-Suche zeigt sich ein täglicher Messer-Vorfall mit mehreren teils schwer verletzten Opfern und zwei Toten, geschehen seit dem 14. August:

  • WDR-Lokalzeit: Eine Frau wurde in Gelsenkirchen ermordet;
  • RND: Ein 13-Jähriger verletzte einen 14-Jährigen schwer bei Paderborn;
  • Nordkurier: Ein 40-jähriger Mann wurde in Pasewalk mit einem Messer attackiert;
  • Lippische Wochenzeitung: Ein 21-Jähriger wurde in Bielefeld schwer verletzt;
  • BR24: Ein Mann erlag in Schwabach seinen Stichverletzungen.

Auch die ARD-Tagesschau musste frühzeitig über den Anstieg von Stichverletzungen in Berlin berichten, nicht aufgrund der Bild-Redaktion, sondern weil Ärzte der Charité Alarm schlugen.

“Die Diskussion um Messergewalt ist nicht neu”, konstatiert Kollenbroich im Spiegel, und unterstützt seine Argumentation mit Statistiken, die zeigen, dass die Todesfälle durch Messergewalt in Deutschland von 2009 bis 2023 von 0,2 auf 0,15 Fälle pro 100.000 Einwohner zurückgegangen sind.

Eine weitere Statistik zur “Registrierten Kriminalität in Berlin” zeigt, dass der Anteil der Messertaten bei schwerer und gefährlicher Körperverletzung und Raub relativ konstant bleibt.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) informierte, dass 2022 bei 3.500 Straftaten mit Messereinsatz ein Drittel der 4.528 Verdächtigen unter 21 Jahre alt war.

Der Spiegel-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit empfiehlt, dass Innenministerin Nancy Faeser gesetzliche Maßnahmen ergreifen sollte, unter anderem ein Verbot von Klingen über sechs Zentimeter Länge in der Öffentlichkeit und von Springmessern, um dadurch Leben zu retten und die destruktive Berichterstattung zu beenden.

Der Artikel schließt mit einem kritischen Blick auf die Berichterstattung, die trotz des Wissens um reduzierte Todesfälle durch Messergewalt, weiterhin eine hohe Resonanz in den Medien findet.

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