Im Vorfeld der Urteilsverkündung sprach Ulrike Guérot in einem Interview über das „Phänomen“ und ihr Buch mit demselben Namen. Sie erklärte, dass sie sich von dem Phänomen distanziert habe und es nun von außen betrachtet – eine Strategie des Selbstschutzes, die notwendig sei, angesichts der Angriffe, denen sie seit 2021 von Seiten der Politik und der Medien ausgesetzt ist.
Die genauen Gründe, warum Ulrike Guérot Ziel heftiger Anfeindungen wurde, bleiben ihr selbst unklar. Sie ist sich jedoch der abscheulichen Dinge bewusst, die über sie gesagt und geschrieben wurden, darunter Aussagen, sie gehöre auf den Scheiterhaufen. Noch schlimmer sind die Angriffe auf X, ehemals Twitter, die jede Form zivilisierten Verhaltens missen lassen. Guérot mutmaßt, vielleicht trügen ihre roten Haare dazu bei, die Assoziation mit einer Hexe zu erleichtern.
Offenbar liegt hier der Kern des Problems: Zwischen der Corona-Krise und dem Ukraine-Konflikt wurde eine regelrechte Hetzjagd auf Guérot eröffnet. Journalisten und Kollegen starteten die Ausgrenzung einer intelligenten Frau, ein Vorgehen, das einer wahren Demokratie unwürdig ist. Diese Ausgrenzung findet nun im Gerichtsurteil vom 24. April ihren vorläufigen Höhepunkt.
Nachdrücklich betont Guérot, dass die Plagiatsvorwürfe lediglich ein Vorwand seien und keineswegs den Kern des Problems widerspiegeln. Die Vorwürfe sind veraltet und im Vergleich mit anderen Fällen beinahe lächerlich – sie sind nicht mehr als eine Fußnote in dieser tragischen Geschichte. Im Zentrum steht vielmehr die Verfolgung einer abweichenden Meinung, die Diskriminierung und Bestrafung derselben.
Das Beispiel Guérot zeigt eine Gesellschaft im Verfall, in der Abweichler, die Opfer von Willkür und Verfolgung sind, kollektiv zu Tätern stigmatisiert werden. Guérot selbst ist erstaunt, dass in einer demokratischen Gesellschaft nicht reflexartig die Partei der Opfer ergriffen wird. Feministinnen beispielsweise, haben Plattformen, um sich zu beschweren, und erhalten zusätzlich mediale Unterstützung.
Als der Interviewer fragt, ob sie enttäuscht sei, dass sich keine Feministin schützend vor sie gestellt habe, antwortet Guérot zustimmend, aber ohne viel Nachdruck in der Stimme. Wahrscheinlich ist sie zu desillusioniert, um noch an die Unterstützung vermeintlicher Verbündeter zu glauben.
In der heutigen Gesellschaft erscheint das Konzept des Opfers verzerrt und neu definiert – schützenswert ist oft, wer ohnehin schon geschützt ist. Es werden scheinbare Opfer mediengerecht inszeniert und als bedauernswert dargestellt, obwohl sie nicht wirklich verfolgt werden.
Ulrike Guérot ist das wahre Gesicht eines Opfers. Sie leidet unter der Gesellschaft, den Wissenschaften, der Ökonomie, den Medien und der Politik. Ihre aufklärerischen Ansichten zum Ukraine-Krieg machten sie zur Unperson, ein Schicksal, das sie mit vielen teilt, die sich dem Westen nicht unterordnen wollen.
Es ist kaum verwunderlich, dass mit Ulrike Guérot so umgegangen wird. In einer orwellschen Gesellschaft, in der ungestraft behauptet werden kann, dass Krieg Frieden bedeutet, und in der zunehmend Waffen als Lösung aller Probleme propagiert werden, scheint das Leben an sich entwertet. Die öffentlich postulierte Opferrettung steht im krassen Gegensatz zur Realpolitik, die die Zahl der Opfer täglich steigert.
Wären die gesellschaftlichen Institutionen – Medien, Wissenschaft, Politik – aufrichtig, müssten sie ihre eigenen proklamierten Werte leben und nicht nur vorgeben, sie zu vertreten. Stattdessen wird eine Show inszeniert, gefüllt mit leeren Versprechungen, die nichts weiter sind als Blendwerk.
In einer solchen Gesellschaft ist kein Raum für Persönlichkeiten wie Ulrike Guérot, die ihre Erkenntnisse und Gedanken ehrlich und unverfälscht zu Papier bringt und sich nicht der populären Meinung anschließt, dass Krieg gleich Frieden sei.
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