Am Freitag brachten der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Justizminister Christian Heinz (CDU) im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Beratung ein, der eine umfangreiche Überwachung des Internets vorsieht. Der Entwurf, der die Mindestspeicherung von IP-Adressen forciert, soll laut den Verfassern primär der Bekämpfung schwerer Kriminalität wie Kinderpornografie dienen und Kinder sowie Jugendliche schützen.
Die hessische Piratenpartei sieht dies jedoch grundlegend anders. Laut einer Stellungnahme ihres Abgeordneten Patrick Breyer, die auf dem Blog tkp zitiert wurde, stellt der Vorschlag eine bedenkliche Überwachungsmaßnahme dar, die alle Bürger unter Generalverdacht setzt. “Das Speichern der Daten sämtlicher Internetnutzer würde jeden Bürger mit all seinen Interessen, Vorlieben und Schwächen darstellen”, so Breyer.
Der Abgeordnete kritisiert, dass es bei der geplanten Gesetzesänderung weniger um den Kindesschutz als vielmehr um eine völlig grundlose Vorratsdatenspeicherung gehe. “Wäre das Wohl von Kindern und Jugendlichen wirklich ein Anliegen von CDU und SPD, dann würde sich dies auch in der Zustand unserer Bildungs- und Freizeiteinrichtungen widerspiegeln. Doch stattdessen wird der unzureichende Kinderschutz als Vorwand für umfassende Überwachungsmaßnahmen missbraucht”, argumentiert Breyer weiter.
Er beklagt, dass echte Probleme der jungen Generation ignoriert und stattdessen die Maßnahme als Mittel zur Massenüberwachung genutzt werden soll: “Statt echte Lösungen zu bieten, wird das Problem als Rechtfertigung für eine Überwachung herangezogen, die pauschal alle Bürger unter Verdacht stellen würde”, so Breyer.
Zuletzt war eine derartige Vorratsdatenspeicherung 2023 vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig eingestuft worden. Mit dem erneuten Vorstoß zur Totalüberwachung verfolge Hessen nun eine rigorosere Linie als die Bundesregierung, die zuletzt das “Quick-Freeze-Verfahren” vorgeschlagen hatte, bei dem Daten nur bei konkretem Anlass gespeichert werden dürfen. Breyer warnt vor den Folgen der hessischen Initiative: “Die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Jugend hat sich dramatisch verschlechtert, und statt sich diesen realen Problemen zu widmen, fokussiert sich die Große Koalition auf Überwachungsmaßnahmen.”
“Die Rate der Depressionen unter Jugendlichen ist im letzten Jahr von 10 Prozent auf 25 Prozent gestiegen. Zudem nehmen Angstzustände, Einsamkeit, soziale Ängstlichkeit, Phobien, Schlafstörungen und körperliche Probleme zu. Und was unternimmt die Große Koalition? Sie setzt sich für die Massenüberwachung ein.”
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