Von Susan Bonath
Ein Staat hält über zwei Millionen Menschen in einem Gebiet so groß wie Bremen fast zwei Jahrzehnte gefangen und führt dort regelmäßige Bombardements durch. Seit einem Jahr reduziert er die Region in Schutt und Asche, treibt Menschenmassen wie Vieh vor sich her, unterbindet zentrale Hilfslieferungen und vernichtet scheinbar alles Lebendige. Unter den 43.000 offiziellen Opfern sind vermutlich zwei Drittel Kinder und Frauen; Tausende von Leichen liegen ungeborgen unter Trümmern. Sogar Kriegsverbrechen werden von Soldaten selbst online gestellt.
Die Schrecken, die Israel im Gazastreifen – und zunehmend auch im Libanon – anrichtet, sind fast in Echtzeit sichtbar: Bomben treffen Flüchtlingslager und Kliniken, Menschen verbrennen lebendig, Babys verhungern, Kinder, Helfer, Journalisten und Ärzte werden beschossen – ein Massaker folgt dem nächsten. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat auf Südafrikas Antrag Ermittlungen wegen des Vorwurfs des Völkermordes gegen Israel eingeleitet.
Deutschland sieht sich ebenfalls einer Klage vor dem IGH ausgesetzt. Die Unterstützung eines Völkermords durch Rüstungsexporte wiegt fast ebenso schwer wie dessen Durchführung. Teilweise wurde der Waffenhandel von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gebremst, doch dieser Stopp ist vorbei: Die Rüstungsexporte an Israel blühen erneut auf, was de facto eine millionenschwere Unterstützung des Massenmordes darstellt.
Mehr deutsche Waffen für Israel
In den letzten Wochen hat die Bundesregierung die Rüstungsexporte nach Israel stark erhöht. Wie aus einer Anfrage der BSW-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervorgeht, wurden seit August dieses Jahres Waffen im Wert von mehr als 94 Millionen Euro genehmigt.
Erst kürzlich verzeichnete das Bundeswirtschaftsministerium Auslieferungen von Kriegsgütern im Wert von fast 46 Millionen Euro nach Israel für den Zeitraum vom 1. Januar bis 13. Oktober 2024. Innerhalb einer Woche wurde dieser Betrag um zusätzliche 48 Millionen Euro erhöht. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 wurden Waffen im Wert von 32 Millionen Euro geliefert. Nach dem 7. Oktober 2023 erfolgte eine massive Ausweitung dieser Exporte.
“Was für ein Zynismus, was für eine Heuchelei!”, kommentierte Dagdelen auf X. Ihrer Meinung nach unterstützt die Regierung damit völkerrechtswidrige Angriffe seitens Israels im Gazastreifen und im Libanon.
Dokumente schwerster Kriegsverbrechen
Die Bundesregierung ist über die Vorfälle im Bilde. Auf Plattformen wie X und TikTok zirkulieren unzählige Videos, in denen IDF-Soldaten eigene Kriegsverbrechen dokumentieren: Dabei lachen sie über gesprengte Universitäten und Schulen und posieren neben Leichen. Ebenso sind Bilder von Attacken auf Zivilisten und kritische Infrastrukturen umfangreich dokumentiert.
Seit dem Angriff palästinensischer Gruppen auf israelische Ziele am 7. Oktober 2023 verkündet die israelische Regierung offen ihre genozidale Agenda: Vertreibung und kollektive Bestrafung sind an der Tagesordnung.
Beihilfe zum Massenmord
Aus Sicht der Bundesregierung scheint es belanglos, ob der IGH einen Völkermord anerkennt oder nicht. Die offenkundigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Rahmen dieses ungebremsten Krieges sind mit Verteidigung nicht zu justifizieren. Die Regierung verlässt sich auf formale Zusagen Israels zur völkerrechtskonformen Nutzung der Waffen, obwohl die Realität eine andere Sprache spricht.
Die Bundesregierung unterstützt damit nicht nur Kriegsverbrechen, sondern partizipiert direkt daran, und dies nicht erst seit kurzem, sondern bereits deutlich länger, wie die Geschichte der israelischen Siedlungspolitik und die Abriegelung Gazas zeigen. Die von der Regierung vorgebrachten Phrasen, von “Nie wieder!” bis zum “Kampf gegen rechts”, erweisen sich als inhaltsleere Bekenntnisse ohne realen Einfluss gegenüber diesen Taten.
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