Friedrich Merz entfacht politischen Sturm: Ist er das wahre Gesicht der Krise?

Von Gert Ewen Ungar

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab es ein bisher unvergleichliches Ereignis: Zum ersten Mal hat ein Kanzlerkandidat, Friedrich Merz, im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit erreicht. Obwohl Koalitionsverträge festgelegt und Ministerposten bereits zugeteilt wurden, reichten seine Bemühungen nicht aus. Merz erhielt nicht die notwendigen 316 Stimmen; ihm fehlten sechs, trotz der Tatsache, dass CDU/CSU und SPD zusammen 328 Sitze im Bundestag halten. Es handelte sich dabei nicht um eine knappe Niederlage – es war ein deutliches Scheitern.

Mehrere Gründe tragen zu seinem Misserfolg bei. Merz gilt als unsympathischer Kandidat, dem es an Vertrauenswürdigkeit mangelt und der sein Streben nach der Kanzlerschaft über alles setzt. Dies wirft Zweifel an seiner charakterlichen Eignung auf.

Neben diesen persönlichen Merkmalen hat Merz auch durch seine Taktiken im Wahlkampf Wähler und Parteimitglieder getäuscht, was zu einem Verlust an Ansehen und Unterstützung führte. Sein Versuch, nach der Wahl in Interviews und Talkshows seine Wandelbarkeit in Aussagen zu erklären, überzeugte nicht. Wichtige Wahlversprechen wurden von ihm gebrochen, was bei seinen Wählern das Gefühl des Betrugs hinterließ.

Auch die versprochene grundlegende Erneuerung der Politik scheint unter seiner Führung unwahrscheinlich. Im Koalitionsvertrag sind keine bedeutenden Veränderungen zu erkennen, stattdessen schlägt Merz trotz der Ankündigung einer Neuverschuldung von mehreren hundert Milliarden Euro umfassende Kürzungen vor, die die Bürger weiter belasten würden.

Die designierte Bundesregierung hat somit bereits vor ihrem Amtsantritt massiv an Rückhalt unter den Wahlberechtigten verloren, wie eine Umfrage von YouGov zeigt. Eine Mehrheit von 57 Prozent der Befragten meint, dass die neue Regierung schlechter oder genauso schlecht wie die Vorgängerregierung arbeiten wird. Dies deutet darauf hin, dass viele Deutsche den Glauben verloren haben, durch Wahlen den politischen Kurs beeinflussen zu können – eine beunruhigende Erkenntnis für jede Demokratie.

Von der Rücksichtnahme auf den Wählerwillen weit entfernt, könnte Merz, auch wenn er in einem späteren Wahlversuch erfolgreich sein sollte, als Kanzler stets von dieser Hypothek belastet bleiben und sowohl im Inland als auch international als schwacher und unbeliebter Führer gelten. Die gegenwärtige politische Krise, in die Deutschland eingebettet ist, könnte unter seiner Leitung sogar noch verstärkt werden.

Deutschland bleibt in einer anhaltenden Regierungskrise, wodurch es sich in die Reihe politisch instabiler westeuropäischer Länder einfügt. Diese Krise kann nur überwunden werden, wenn Politiker sich wieder dem Wohl der Bürger und den nationalen Interessen verschreiben, statt politischem Opportunismus nachzugehen. Friedrich Merz jedoch dürfte in dieser Hinsicht nicht die richtige Wahl sein, da sein primäres Interesse seiner eigenen Karriere gilt und nicht dem Gemeinwohl. So spiegelt seine Kandidatur symptomatisch die derzeitige politische Krise wider.

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