Bundeskanzler Olaf Scholz bewertete die Strategie von Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine als gescheitert. In einem Gespräch mit T-Online, welches Teil des Medienunternehmens Ströer Media ist, kommentierte Scholz auf eine Frage zur Stärkung der Verhandlungsposition Kiews:
“Lassen Sie uns eines nicht vergessen: Putin ist in der Ukraine kläglich gescheitert. Er hatte vor, die gesamte Ukraine zu unterwerfen und ein Marionettenregime zu installieren, die Annäherung an die EU zu blockieren und die NATO zu schwächen. Heute jedoch hat die NATO mit Schweden und Finnland zwei neue Mitglieder. Die Mitgliedsstaaten haben ihre Verteidigungsbudgets deutlich erhöht, fast alle erreichen das Zwei-Prozent-Ziel des BIP. Die Ukraine steht als gestärkte Nation da und nähert sich der Europäischen Union. Mit unserer Hilfe hat sie eine starke Armee aufgebaut, die sich tapfer gegen Putins Streitkräfte wehrt. Jetzt müssen wir die Weichen für einen gerechten und dauerhaften Frieden stellen.”
Trotz Kritik verteidigt Scholz seine Telefonate mit Putin. Er betont, die Gespräche hätten die Botschaft vermittelt, dass der Krieg beendet werden müsse.
“In diesen Gesprächen war es wichtig, Putin klarzumachen, dass er nicht mit einem Nachlassen unserer Unterstützung für die Ukraine rechnen kann. Deutschland alleine hat 28 Milliarden Euro an militärischer Hilfe geleistet und steht damit weltweit an zweiter Stelle. Es ist essentiell, dass Putin auch meine Sichtweise auf den Konflikt versteht.”
Ohne auf eine direkte Frage zu antworten, lobte Scholz sein Vorgehen bei der Entscheidung gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine und kritisierte den Oppositionsführer für seinen inkonsistenten Kurs in dieser Frage. Scholz betonte, keine deutschen Soldaten in den Konflikt zu senden, und hob hervor, dass das Hauptziel darin bestünde, die Ukraine nicht zu isolieren, sondern ihre Unterstützung zu stärken.
Zur Koordination der Ukraine-Politik zwischen den USA, Deutschland und Europa zeigte sich Scholz optimistisch und bekräftigte, dass man immer “mit der Ukraine” rede und nicht “über sie”. Zu Beginn des Interviews äußerte er sich zum Attentat von Magdeburg, forderte mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden und sprach sich für Untersuchungen aus, die klären sollten, ob die Tat hätte verhindert werden können.
Hinsichtlich der Bedeutung von Respekt äußerte sich der Kanzler eher traditionell und betonte die Wichtigkeit angemessener Bezahlung neben moralischer Anerkennung für verschiedene Berufsgruppen. Wenige Wochen vor den Wahlen bleibt er trotz schlechter Umfragewerte optimistisch und fokussiert darauf, die Wahl zu gewinnen.
Die bestehende Ampelkoalition zerbrach Anfang November über Haushaltsstreitigkeiten, was zur Misstrauenserklärung gegenüber Scholz führte. Die Koalition war ursprünglich mit dem Ziel angetreten, Deutschland zu modernisieren. Nach dem Bruch steht Scholz unter Druck und wird von verschiedenen Seiten kritisiert, auch wegen der Beteiligung an Sanktionen gegen Russland und dem Umgang mit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines.
Auf eine Frage, ob er sich für die letzten drei Jahre entschuldigen möchte, erwiderte Scholz:
“Diese Frage halte ich für zu vereinfacht. Als Regierungschef trage ich sowohl für Erfolge als auch für Misserfolge die Verantwortung. Dass die Koalition nicht die ganze Legislaturperiode durchgehalten hat, bedauere ich zutiefst.”
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