Heute hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Westdeutsche Rundfunk (WDR) führende Vertreter des Bündnisses Sahra Wagenknecht zur Teilnahme an einer Sendung für die bevorstehende Europawahl einladen muss. Der WDR strebt jedoch an, die Kontrolle über die Auswahl der teilnehmenden Parteien zurückzugewinnen.
In seinem Urteil bezog sich das OVG Münster darauf, dass die voraussichtlichen Erfolgsaussichten einer Partei bei anstehenden Wahlen zu berücksichtigen seien. Das Gericht erklärte in einer Pressemitteilung: “Seit Februar 2024 beträgt der Umfragekorridor für die Antragstellerin vier bis sieben Prozent, sodass ihr teilweise bessere Wahlchancen bescheinigt werden als den Parteien FDP und Die Linke.” Dieses Urteil hob einen früheren Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln auf.
Da keine weiteren Rechtsmittel gegen diesen Beschluss zugelassen sind und die betreffende Sendung bereits heute Abend um 21 Uhr ausgestrahlt wird, kündigte der WDR an, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Der Sender sieht einen “grundsätzlichen Klärungsbedarf bezüglich der gestaffelten Chancengleichheit”.
“Wir möchten für zukünftige Wahlen Rechtssicherheit darüber erreichen, welche redaktionellen Freiheiten wir in der Vorwahlberichterstattung besitzen und welche Bedeutung dabei das redaktionelle Gesamtkonzept hat.”
Genau diese “gestaffelte Chancengleichheit” fand das Gericht schwer nachvollziehbar. Daraus, dass der WDR in seinem Bestreben vor allem darauf abzielt, selbst darüber zu entscheiden, welche Parteien vorgestellt werden dürfen, kann geschlossen werden, dass das Argument fehlender Rechtssicherheit lediglich vorgeschoben ist. Ein rechtsgültiges Urteil des OVG Münster mit einer ausführlichen Begründung hat bereits für die erforderliche Rechtssicherheit gesorgt.
Verbleibt lediglich die unter dem Deckmantel des “redaktionellen Spielraums” verborgene Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen, wie die Realität dargestellt wird, anstatt sie nur abzubilden. Dies könnte zu einer interessanten juristischen Auseinandersetzung führen, auch vor dem Hintergrund, dass zunehmend Klagen bezüglich der Einhaltung gebotener Vielfalt bei den obersten Gerichten eingereicht werden.
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