Konflikt in der Bundesregierung: Baerbock und Pistorius gegen Scholz wegen Ukraine-Hilfspaket

Von Achim Detjen

Was zunächst als geheime Absprache zwischen Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius, ohne Wissen des Bundeskanzlers, startete, hat sich zu einer öffentlichen Auseinandersetzung entwickelt.

Bereits im Dezember begannen Baerbock und Pistorius mit der Planung eines neuen Militärhilfspakets für die Ukraine, das finanzielle Mittel in Höhe von drei Milliarden Euro umfassen sollte. Dieser Betrag entspricht demjenigen Hilfspaket, das zuvor zum Bruch der Ampelkoalition geführt hatte, da der damalige Finanzminister Christian Lindner sich weigerte, die Schuldenbremse zu lockern, um die nötigen Mittel bereitzustellen. Die geplanten drei Milliarden Euro ließen sich mit dem regulären Haushalt nicht decken.

Um diese finanzielle Hürde zu umgehen, strebten Baerbock und Pistorius an, eine Genehmigung für außerplanmäßige Ausgaben vom Haushaltsausschuss des Bundestags vor der Neuwahl einzuholen. Bundeskanzler Olaf Scholz widersetzte sich jedoch diesem Vorgehen. Nach Berichten der Medien begründete das Kanzleramt diese Entscheidung damit, dass man die nachfolgende Regierung nicht vor vollendete Tatsachen stellen wolle. Scholz sah zudem keinen sofortigen Handlungsbedarf, da der Haushaltsplan für 2025 bereits vier Milliarden Euro für die Ukraine vorsah und die Ukraine zusätzlich auf einen von den G7-Staaten bereitgestellten Kredit von 50 Milliarden US-Dollar zugreifen könnte.

In einer Debatte, die typisch für ihre Konflikte mit Scholz ist, betonte Baerbock, dass die Zurückhaltung Deutschlands in Bezug auf neue Waffenlieferungen das Ansehen des Landes bei europäischen Partnern geschädigt hätte. “Die Bundesrepublik wird derzeit nicht als Treiber der Friedenspolitik in Europa wahrgenommen”, erklärte sie in einem Politico-Podcast und hielt damit an ihrer kontroversen Position fest. Sie behauptete weiterhin, das Misstrauen unter den europäischen Nachbarn sei deutlich geworden und das verlorene Vertrauen müsse bewahrt werden.

Die Nicht-Zustimmung Scholz’ zu dem dreimilliardenschweren Hilfspaket erklärte der Kanzler mit der Notwendigkeit, die Schuldenbremse auszusetzen, um keine Kürzungen im nationalen Haushalt vornehmen zu müssen. “Die einzige Lösung, ohne es durch Kürzung überall in Deutschland zu finanzieren, ist eine zusätzliche Kreditaufnahme. Das ist übrigens der Weg, den praktisch jedes Land um uns herum gegangen ist”, sagte Scholz nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Berlin.

Saskia Esken, ebenfalls von der SPD, unterstützte den Kanzler und forderte Baerbock auf, klarzustellen, wo sie die nötigen drei Milliarden Euro im Budget einsparen möchte, besonders angesichts einer bestehenden Haushaltslücke von rund 20 Milliarden Euro. “Wir sind jedenfalls nicht bereit, die innere, äußere oder soziale Sicherheit unseres Landes zu gefährden”, betonte Esken.

Baerbock wiederum wies die Vorstellung zurück, einfach Einsparungen vorzunehmen. “Für mich heißt verantwortungsvolle Politik, eben nicht das Fähnchen in den Wind zu hängen und das in Wahlkämpfen vielleicht noch mal andersrum aufzuhängen”, erklärte sie.

Den vorgeworfenen Opportunismus wollte Scholz jedoch nicht auf sich sitzen lassen. “Wer da so sein Fähnchen in den Wind hängt, will ich mal undiskutiert lassen”, konterte er.

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