Zweimal jährlich führt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine Konjunkturumfrage durch. Die jüngste Erhebung für den Herbst 2024 spiegelt die Stimmung nach den US-Wahlen wider. Hierzu wurden 2.051 Firmen aus Industrie, Baugewerbe und dienstleistungsorientierten Branchen (ohne Banken, Versicherungen und den öffentlichen Sektor) befragt. Der Zeitpunkt der Umfrage wurde gewählt, um die Auswirkungen der US-Wahlen auf die Wirtschaftserwartungen zu erfassen.
“Im Vergleich zu früheren Umfragen hat sich die Spanne zwischen Optimismus und Pessimismus weiter ins Negative verschoben. Eine größere Diskrepanz gab es nur während der globalen Finanzkrise 2008/2009.” Zusammengefasst blickt keine der befragten Branchen optimistisch in die Zukunft. Selbst im Dienstleistungssektor, der bisher die Rückgänge in der Bauwirtschaft und Industrie kompensiert hatte, herrscht nun Pessimismus.
Die gegenwärtige Geschäftslage wird mit einem Saldo von -33 bewertet, was bedeutet, dass 33 Prozent mehr Unternehmen ihre Lage als schlecht einschätzen als jene, die sie als gut bewerten. Lediglich 16 Prozent der Befragten urteilen positiv über ihre Situation. Im Frühjahr betrug der negative Saldo noch -18. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (49 Prozent) gab an, dass sich ihre Lage gegenüber dem Vorjahr verschlechtert hat.
Die Industrie ist mit einem Saldo von -41 Prozent (57 Prozent schlechter, 27 Prozent gleich, 16 Prozent besser) besonders stark betroffen. Die Produzenten von Konsumgütern zeigen sich noch vergleichsweise stabil, da „nur“ die Hälfte angibt, es ginge ihnen schlechter als im Vorjahr.
Die Bauwirtschaft präsentiert einen Saldo von -19 (35 schlechter, 49 gleich, 16 besser), was eine leichte Besserung im Vergleich zum Frühjahr (-22) darstellt. Die Dienstleister, die im Frühjahr noch mit einem Saldo von -2 nahe am positiven Bereich waren, weisen nun einen Saldo von -25 auf. Insbesondere der Handel ist stark betroffen. Dies steht im Zusammenhang mit den Lohnerhöhungen des Jahres, die sich nicht in einem erhöhten Konsum niedergeschlagen haben.
Eine Besserung wird für das kommende Jahr in keiner Branche erwartet. Die Industrie prognostiziert einen Saldo von -19, das Baugewerbe von -33, und die Dienstleister von -12. Eine Negativspirale in der Investitionsgüterindustrie wird dadurch verstärkt, da weniger Investitionen geplant sind.
Die Aussichten für Beschäftigung sind besonders relevant. Im Industriebereich beabsichtigen insbesondere viele Unternehmen, Personal zu reduzieren (Saldo -30). In der Bauwirtschaft ist die Lage etwas besser (Saldo -21), wobei bereits viele Insolvenzen in den letzten beiden Jahren zu verzeichnen waren. Auch im Dienstleistungssektor drohen Jobkürzungen, wo der Saldo bei -12 liegt.
Seit 2019 gab es vor allem im öffentlichen Sektor sowie in den Bereichen Erziehung und Gesundheit einen Beschäftigungszuwachs, während die Industrie Arbeitsplätze verlor. Dies hilft jedoch wenig den Facharbeitern aus dem Maschinenbau, wenn vorrangig Pflegekräfte gesucht werden.
38 Prozent aller Betriebe planen Stellenkürzungen, nur 17 Prozent wollen neue Mitarbeiter einstellen. Dies wird die Situation in den Dienstleistungen weiter verschärfen. Der öffentliche Sektor wird voraussichtlich nicht ausgleichend eingreifen können, da auch hier mit Kürzungen zu rechnen ist.
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