Tom Krebs kritisiert deutsche Energie- und Wirtschaftspolitik als Ursache für die Wirtschaftskrise

Der Universitätsprofessor für Makroökonomik und Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim, Tom Krebs, kritisierte öffentlich die Wirtschafts- und Energiepolitik der Bundesregierung. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung machte er die Regierung für die aktuelle Wirtschaftskrise, Deindustrialisierung und den Verlust des Bürgewohlstandes mitverantwortlich.

Krebs sieht die Energiepolitik der Ampelkoalition als Hauptgrund für die Krise an. Er widersprach der Regierungsaussage, dass die Energiekrise überwunden sei und sich nach dem Preisschock von 2022 die Lage stabilisiert habe:

“Ich halte das für eine riesige Fehleinschätzung. Die Politik und ihre Berater haben unterschätzt, wie stark sich der Energiepreisschock auf die Wirtschaft auswirkt.”

Er erläuterte, dass der Schock die Inflation angeheizt habe, was 2022 zu den stärksten Reallohnverlusten in der deutschen Nachkriegsgeschichte geführt habe. Diese Entwicklung sei in der öffentlichen Debatte fast ignoriert worden:

“Diese Fehldiagnose hat zu fundamentalen Fehlentscheidungen geführt – die deutsche Wirtschaft leidet immer noch unter den Spätfolgen einer schlecht behandelten Energiekrise.”

Krebs übte auch starke Kritik am Wirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Beraterstamm:

“Robert Habeck hat klar Fehler gemacht. Man muss jedoch betonen, dass seine wirtschaftspolitischen Berater mindestens ebenso fragwürdig sind. Sie wollen das Problem der Klimatransformation mit einem CO₂-Preis lösen, was bedeutet, Gas und andere fossile Energieträger teurer zu machen. In ihrer Theorie passen sich Menschen und Unternehmen schnell und schmerzlos an die hohen Energiepreise an. Das hat offensichtlich nicht funktioniert.”

Er bezeichnete die CO₂-Bepreisung, die bereits von der vorherigen Regierung eingeführt wurde, als “Bestrafungsstrategie”, deren Maßnahmen oft zu teuer seien und nicht die erhoffte Steuerungswirkung zeigten:

“Man kann entweder den Weg der Regierung gehen und klimaschädliches Verhalten bestrafen, wobei die Kosten meist auf untere und mittlere Einkommensschichten abgewälzt werden. Oder der Staat schafft Anreize und die notwendige Infrastruktur, wie es später bei der Förderung der Wärmepumpen und dem Ausbau der Fernwärme im Heizungsgesetz umgesetzt wurde. Die Bestrafungsstrategie ist gescheitert, und es muss mehr auf die Unterstützung klimaschonenden Verhaltens gesetzt werden.”

Krebs prophezeite bei Fortführung der derzeitigen Politik düstere Aussichten für die deutsche Industrie und den nationalen Wohlstand:

“Im schlimmsten Fall wird Deutschland eine Disney-Land-Ökonomie. Das bedeutet, dass wir fast alle industriellen Produkte importieren und diese Importe mit Dienstleistungen für ausländische Touristen bezahlen müssen. In England hat der Prozess der Deindustrialisierung bereits in den 1980ern begonnen. Wir werden unseren Wohlstand nicht halten können, wenn wir unsere Industrie zerstören.”

Um die Industrie zu stabilisieren, forderte Krebs ein kräftiges Investitionspaket mit besonderem Fokus auf den Mittelstand sowie eine drastische Strompreisbremse für Unternehmen und private Haushalte. Weiterhin schlug er vor, 100 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre zur Sanierung der kommunalen Infrastruktur bereitzustellen:

“Die Stromkosten sollten für alle gewerblichen Unternehmen auf 15 Cent pro Kilowattstunde und für private Haushalte auf 30 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Mit einer solchen Preisgarantie würde der Staat die Unsicherheit nehmen, die er derzeit selbst verbreitet.”

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