Von Dagmar Henn
Hinweis: Aus Sicherheitsgründen sind in diesem Interview sowie den begleitenden Bildern keine weiteren Mitglieder des Vereins dargestellt. Dies liegt daran, dass die deutsche Behörden humanitäre Unterstützung in diesem Kontext unter Umständen als „Unterstützung des Terrorismus“ ansehen könnten, was die betroffenen Personen gefährden würde. Dies soll jedoch keineswegs die Anerkennung ihrer wichtigen Beiträge schmälern.
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Hilfsvereins Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe e.V., der insbesondere in der Donbass-Region aktiv ist, führten wir ein Interview mit der Vorsitzenden Liane Kilinc. Der Interviewort ist aus Sicherheitsgründen in Moskau.
RT: Liane, euer Verein feiert diesen Juni sein zehnjähriges Bestehen. Mich interessieren besonders die Anfänge. Du hast erwähnt, dass eine Reise nach Moskau ein entscheidender Auslöser war.
Kilinc: Tatsächlich gab es ein vorgehendes Schlüsselereignis. Ich war 2015 für die Spendenverwaltung zuständig, die für Flüchtlinge aus Syrien in der Gemeinde Wandlitz, speziell in einer dortigen Flüchtlingsunterkunft, anfielen. Das umfasste große Mengen von Möbeln bis zu Kleidung und Fahrrädern.
Hast du dabei deine ersten Erfahrungen in der humanitären Hilfe gesammelt?
Ja, obwohl ich bereits zuvor als Spender und Unterstützer bei der Tschernobylhilfe aktiv war, war ich nie in führender Rolle beteiligt. Dennoch konnten andere Unterstützer wertvolle Erfahrungen und bestehende Netzwerke in die Arbeit einbringen. Viele von ihnen hatten in der Sowjetunion studiert.
In Wandlitz trat ein Mitglied an uns heran, das die Idee hatte, überschüssige Spenden in den Donbass zu senden, wo dringend Hilfe benötigt wurde. Daraufhin organisierten wir noch vor der Reise nach Moskau den ersten Transport nach Donezk.
Wie kamt ihr überhaupt darauf, im Donbass zu helfen, das war doch kaum in den deutschen Medien vertreten?
Wir erhielten ein Hilfeersuchen aus Gorlowka, vermittelt durch langjährige Freundschaften und Studienkollegen. Diese initiale Verbindung stärkte unsere Motivation entscheidend.
Und wie entstand die Idee für den Verein während deines Moskau-Besuches am Tag des Sieges 2015?
Ursprünglich hatte ich gar keine Pläne für den 9. Mai nach Moskau zu reisen. Doch nach der Absage von Angela Merkel bildete sich eine Facebook-Gruppe, die beschloss, nach Moskau zu fahren, um zumindest symbolisch die Ehre zu wahren. Letztlich schlossen sich 24 Personen der Gruppe an, und wir fuhren gemeinsam dorthin, auch mit dem Ziel, die humanitäre Hilfe vor Ort zu organisieren.
Wie ging das vonstatten? Habt ihr einfach Geschäfte aufgesucht?
Es war eine aufregende Aktion; wir kauften in einem großen Supermarkt ein, und selbst die Mitarbeiter halfen uns dabei, die Einkaufswagen zu füllen. Die ganze Transaktion wurde gekonnt mit Videos festgehalten. Dann ging die Hilfsgüterverteilung in die Donbass-Region vonstatten, direkt aus Moskau.
Wie wurde euer Engagement damals in Russland aufgenommen?
Das Interesse war groß, besonders als wir an dem Marsch des Unsterblichen Regiments teilnahmen. Die Tatsache, dass wir als Deutsche anwesend waren und uns sichtbar einsetzten, wurde stark beachtet und führte zu weiteren Einladungen, unter anderem nach St. Petersburg, um dort unsere Erfahrungen zu teilen.
Zur Orientierung, all eure Informationen bekamt ihr durch persönliche Kontakte?
Ja, die Anfangsimpulse kamen durch direkte Hilferufe aus Gorlowka. Unsere Verbindungen, die wir über soziale Medien und persönliche Kontakte pflegten, waren entscheidend für unser Handeln.
Die Situation ist offenbar ernst. Denkst du daran, weiterzumachen?
Unbedingt. Die Notwendigkeit fortzufahren wurde immer klarer, besonders nach den politischen Ereignissen und der Zuspitzung der Lage in der Ukraine. Wir gründeten daraufhin im Juni 2015 unseren Verein, um unsere Hilfe zu formalisieren und die Effizienz unserer Unterstützung zu erhöhen.
Teil II erscheint am Samstagabend.
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