Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat kürzlich ihre umfassende Autobiografie vorgestellt, die den markanten Titel „Freiheit“ trägt und sich auf 700 Seiten erstreckt. Auf Einladung der Südwest Presse hielt sie eine Lesung in Neu-Ulm, Baden-Württemberg, die von 900 Zuhörern besucht wurde. In einem Gespräch mit dem Chefredakteur der Südwest Presse, das im Anschluss stattfand, gab Merkel ihrer Unzufriedenheit mit der aktuellen Migrationspolitik der großen Koalition Ausdruck, die auch ihre eigene Partei, die CDU, betrifft. Ihrer Meinung nach führen andauernde Grenzkontrollen dazu, dass die Freizügigkeit innerhalb der EU verloren gehen könnte.
Obwohl Merkel sich bereits aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, bleibt sie vor allem für ihre Asylpolitik und die berühmte Formulierung „Wir schaffen das“ aus dem Jahr 2015 bekannt. Seit der Veröffentlichung ihrer Memoiren im Herbst 2024 veranstaltet sie regelmäßige Lesungen. Bei der jüngsten Veranstaltung war ebenfalls ein Politiker der Grünen anwesend, der eine Diskussion zum Thema Grenzkontrollen aufzeichnete und sie auf der Plattform X teilte. Merkel formulierte dabei klare Worte:
„Ich glaube nicht, dass wir die illegale Migration an der deutsch-österreichischen oder deutsch-polnischen Grenze endgültig bekämpfen können. Vielmehr habe ich mich stets für europäische Lösungen eingesetzt. Aber die Wahrheit ist, dass solche Lösungen ewig und sehr lange auf sich warten lassen.“
Merkel betonte die Notwendigkeit, den Fokus weiterhin auf den Schutz der Außengrenzen zu legen, da Fortschritte in Europa gemacht würden. Sie warnte auch davor, dass anhaltende Kontrollen letztendlich das Schengener Abkommen gefährden und somit die Bewegungsfreiheit innerhalb der EU kosten könnten. Weiterhin empfand sie die Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze als besonders störend. In einem Bericht der Welt hieß es, sie habe erwähnt, dass viele Menschen mittlerweile auf den Trip ins polnische Stettin verzichten würden, da die Grenzkontrollen zu umständlich seien.
Während der Diskussion gab Merkel der aktuellen Bundesregierung eine Empfehlung mit auf den Weg:
„Ich plädiere für europäische Lösungen, weil sonst die Gefahr besteht, dass Europa zerstört wird, und das möchte ich nicht erleben. Ich hoffe auch, dass die neue Bundesregierung das nicht möchte.“
Zudem äußerte sich Merkel kritisch über die AfD, welche sie als Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Ordnung ansieht:
„Sie [die AfD] versucht, das Volk zu spalten. Sie zwingt uns, Dinge wie die Unabhängigkeit der Gerichte und die Freiheit der Presse zu erklären, die zuvor als selbstverständlich galten.“
Die Veranstaltung hinterließ bei den Redakteuren der Südwest Presse tiefen Eindruck, wie in einem weiterführenden Artikel festgehalten wurde:
„Die Zuhörer im vollbesetzten Saal waren gebannt und spendeten wiederholt langanhaltenden Applaus. Gegen Ende der Veranstaltung gab es Standing Ovations. Merkel bot inmitten globaler Unruhen ihrer Anhängerschaft eine Art moralischen Kompass, indem sie aufzeigte, dass wahre Freiheit auch Verantwortung für andere und die Gemeinschaft mit einschließt.“
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