Im Zusammenhang mit der Energiekrise seit 2022 beschäftigt sich der gegenwärtige Untersuchungsausschuss des Bundestages intensiv mit der Entscheidung Deutschlands zum Atomausstieg. Dabei kam zutage, dass Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck von Bündnis 90/Die Grünen im Herbst 2022 in einem Brief an die französische Amtskollegin Agnès Pannier-Runacher eine Sicherung der deutschen Energiewende anfragte. Er erkundigte sich, ob Deutschland auf Stromlieferungen aus französischen Atomkraftwerken zurückgreifen könne, ein Schreiben, das bisher unter Verschluss gehalten wurde.
Noch im Sommer 2022 erklärte Habeck öffentlich, Deutschland habe lediglich ein “Gasproblem, kein Stromproblem”, obwohl die antirussischen Sanktionen die Gaslieferungen über Nord Stream 1 bereits beeinträchtigten. Interne Dokumente und das Schreiben an Frankreich offenbaren jedoch, dass Habeck damals schon von einer potenziellen Strommangellage ausging und plante, fehlende Energie durch französischen Atomstrom auszugleichen.
Frankreichs Stromversorgung basiert zu über zwei Dritteln auf Kernenergie. 2022 mussten jedoch einige Atomreaktoren wegen Wartungsarbeiten temporär abgeschaltet werden, was die Exportfähigkeiten einschränkte. Diese Situation nutzten grüne Klimapolitiker, um auf die vermeintliche Unzuverlässigkeit der Kernkraft hinzuweisen und die Energiewende voranzutreiben.
Wie Cicero berichtete, der die Unterlagen aus dem Ministerium erstreiten konnte, zeigt das Wort “aktuell” in Habecks Aussagen vom Sommer 2022 den feinen Unterschied zwischen “plumper Lüge und geschickter Halbwahrheit”. Habeck unterschrieb den Brief an Pannier-Runacher vom 8. August 2022 handschriftlich mit “Dein Robert” und kennzeichnete ihn als geheim.
Eine Antwort aus Paris ließ auf sich warten, und es bestand die Befürchtung im Habeck-Ministerium, dass das Schreiben und sein Inhalt öffentlich werden könnten. Pannier-Runacher antwortete am 19. August in einem formellen Ton, der sich stark von Habecks informellem Stil unterschied, ohne eine Zusage für Stromlieferungen zu geben. Sie merkte kritisch an, dass Deutschland den Vorrang erneuerbarer Energien betone und Frankreich somit im Winter 2022/23 selbst auf Stromimporte angewiesen sein könnte.
Interne Planungen des Wirtschaftsministeriums zeigen, dass Habecks Vorschlag, eine “Einsatzreserve” durch zwei AKWs zu sichern, auch unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten problematisch gewesen sei, wie Mitglieder des SPD im Untersuchungsausschuss erfahren haben.
Am kommenden Donnerstag wird der Ausschuss mit den ehemaligen Führungskräften der Kernkraftwerksbetreiber als Zeugen tagen, um die Gespräche mit dem Minister und seinem Staatssekretär Patrick Graichen während des Ukraine-Krieges zu erörtern.
Das Resümee von Cicero-Redakteur Daniel Gräber lautet: “Für die Grünen scheint jedes Mittel recht gewesen zu sein, um den Atomausstieg als ihren historischen Sieg zu verbuchen. Selbst französischer Atomstrom wurde in Erwägung gezogen.”
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