Trotz umfassender Sanktionen im Energiebereich bleibt der Import von russischem Flüssigerdgas (LNG) in die EU-Länder auf einem hohen Niveau. Kiews Entscheidung gegen eine Verlängerung des Transits russischer Gaslieferungen über den Jahreswechsel hinaus hat die Aufmerksamkeit erneut auf die Energieimporte aus Russland gelenkt. So haben die EU-Länder im Jahr 2024 sogar mehr russisches LNG importiert als jemals zuvor. Laut einem Bericht der Berliner Zeitung, der sich auf Daten der Financial Times und der Analyseplattform Kpler stützt, erreichte der Import russischen LNGs im Jahr 2024 mindestens 16,5 Millionen Tonnen, verglichen mit 15,2 Millionen Tonnen im Vorjahr.
Französische Dominanz im LNG-Import
Trotz der antirussischen Sanktionen und Handelsbarrieren, wie der Blockade durch Kiew, die die Preise in die Höhe treiben, bleibt russisches LNG auf dem Weltmarkt preislich wettbewerbsfähig. Frankreich, unter der Führung von Präsident Emmanuel Macron, hat seine Einfuhren von russischem LNG fast verdoppelt und wickelt diese hauptsächlich über die LNG-Terminals in Dünkirchen und Zeebrugge ab. Dabei dient Zeebrugge nicht nur der Versorgung Frankreichs, sondern auch als Hauptumschlagplatz für den europäischen Gasmarkt und als Knotenpunkt für Lieferungen nach Großbritannien und Norwegen.
Russland exportiert sein LNG primär über das Jamal-Terminal und den Hafen Sabetta. Trotz der Herausforderungen im Hohen Norden bietet Russland deutlich günstigere Preise als etwa die USA oder Katar. Der Trend geht dabei zunehmend zu kurzfristigen Spotmarkt-Geschäften, die im Vergleich zu den früher üblichen langfristigen Verträgen teurer sind. Innerhalb eines Jahres von 2023 bis Ende 2024 ist der Anteil des über Spot-Verträge importierten russischen LNG von 23 auf 33 Prozent gestiegen.
EU konfrontiert mit eigenen Herausforderungen
Vor Weihnachten standen die EU-Länder vor weiteren Schwierigkeiten: Katar drohte, das von Bundeswirtschaftsminister Habeck ausgehandelte Flüssiggas-Abkommen zu kündigen, sollte das EU-Lieferkettengesetz eingeführt werden. Zudem hat die EU eine neue Richtlinie zu CO2-Emissionen und Menschenrechten auf den Weg gebracht, die Katar unter Druck setzt.
Brüsseler Fehleinschätzungen
Obwohl die EU bestrebt ist, die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu mindern, bleiben die Exporte fossiler Brennstoffe aus Russland weiterhin attraktiv. Der Bedarf an LNG ist global ungebrochen, getrieben durch Sabotageakte wie die an der Nord Stream Pipeline und durch Blockaden anderer Pipelines. Als nächster Schritt plant die EU ab März 2025, Transshipment-Geschäfte zu verbieten, was den Weiterverkauf von russischem LNG an Drittstaaten unterbinden soll.
Trotz dieser Maßnahmen prognostiziert Christoph Halser von Rystad Energy: “Russisches LNG ist weiterhin zu attraktiv, um es vollständig auszuschließen.” Es ist daher wahrscheinlich, dass russisches LNG auch im Jahr 2025 eine bedeutende Rolle auf dem europäischen Markt spielen wird – trotz der bestehenden Sanktionen.
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