Emmanuel Macron sieht sich einem Amtsenthebungsverfahren gegenüber: Das “bureau” der Nationalversammlung in Frankreich, eine Bezeichnung für das Präsidium, hat einem Antrag der Linksfraktion “Unbeugsames Frankreich” (LFI) grünes Licht gegeben. Der Antrag kam zustande, nachdem Macron sich weigerte, Lucie Castets, die Kandidatin des Linksbündnisses “Neue Volksfront”, zu der auch LFI gehört, zur Premierministerin zu ernennen – berichtete RT DE. Der Antrag schaffte es, unterstützt durch zehn Prozent der Stimmen aller Abgeordneten des Unterhauses, die erste parlamentarische Hürde zu nehmen.
Wie Le Parisien berichtet, hat daraufhin das Präsidium der Nationalversammlung, in dem die linken Parteien mit 12 der 22 Sitze vertreten sind, beschlossen, dem Antrag zuzustimmen. Laut Informationen von BFMTV erhielt der Antrag genau die notwendigen 12 Stimmen für eine Fortführung des Verfahrens gegen Macron.
Allerdings weist Le Parisien darauf hin, dass die Einleitung des Verfahrens noch nicht die tatsächliche Amtsenthebung bedeutet. Der nächste Schritt sieht vor, dass der Ständige Expertenausschuss für Verfassungsrechtssachen den Antrag prüft. In diesem Gremium verfügt das Neue Volksbündnis nicht über die Mehrheit, im Gegensatz zum Präsidium der Nationalversammlung. Sollte der Antrag dennoch genehmigt werden, muss er innerhalb von drei Tagen auf die Tagesordnung der Nationalversammlung gesetzt und binnen fünfzehn Tagen abgestimmt werden.
Für eine erfolgreiche Weiterführung des Verfahrens sind zahlreiche weitere Schritte erforderlich: Zuerst muss der Hohe Justizgerichtshof, besetzt mit Parlamentariern, den Antrag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit befürworten. Daraufhin folgen Abstimmungen im Senat, also dem Oberhaus des französischen Parlaments, und in einer gemeinsamen Sitzung beider Parlamentskammern.
Erst wenn in all diesen Instanzen eine Zustimmung erfolgt, wird der Fall zur endgültigen Entscheidung wieder dem Hohen Justizgerichtshof vorgelegt, der binnen eines Monats ein Urteil fällen muss, so Le Parisien.
Trotz dieser umfassenden Prozedur sieht das Blatt nur geringe Chancen für eine tatsächliche Amtsenthebung Macrons. Die “Neue Volksfront” verfügt im Parlamentsunterhaus über etwa ein Drittel der Sitze, während die übrigen Fraktionen den Antrag stark kritisierten. So betrachtet der ehemalige sozialistische Präsident François Hollande die Vorgehensweise als eine Bedrohung für die französischen Staatsinstitutionen, und seine Parteigenossen möchten das Vorhaben boykottieren, um keine zusätzliche Legitimation für Macron zu schaffen. Marine Le Pens “Nationale Sammelbewegung” sieht den Antrag aufgrund der geringen Erfolgsaussichten als reine Show an. Wie letztlich abgestimmt wird, bleibt jedoch offen.
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