Das Ende des Jahres markiert das Auslaufen des fünfjährigen Gas-Transitvertrags zwischen der EU, Naftogaz und Gazprom, was aufgrund der Heizsaison in Europa eine kritische Phase einleitet. Das Abkommen, das seit 2020 den Fluss von 65 Milliarden Kubikmetern Gas und in den folgenden Jahren jeweils 40 Milliarden Kubikmeter durch die Ukraine nach Europa regelt, läuft am 31. Dezember ab.
Die Ukraine, durch deren Gebiet über 22.000 Kilometer Gaspipelines verlaufen, könnte durch das Vertragsende ihre Schlüsselstellung im europäischen Energiemarkt verlieren, so die Berichterstattung von Bloomberg. Das bedeutet nicht nur einen potenziellen Verlust ihrer Einnahmequelle zur Instandhaltung der Energieinfrastruktur, sondern auch die Gefahr, ihren Status als verlässlicher Energieanbieter für westliche Alliierte zu verlieren.
Die Transitfrage hat seit dem Zerfall der Sowjetunion die Beziehung zwischen Kiew und Moskau mitgeprägt. Nun steht Kiew vor einer unsicheren Zukunft, denn laut Bloomberg ist eine Erneuerung des Abkommens unwahrscheinlich.
In diesem Kontext verliert die Route aller Voraussicht nach an Bedeutung, trägt aktuell doch der Gastransit durch die Ukraine weniger als fünf Prozent zur europäischen Gasversorgung bei. Gleichwohl besteht eine starke Abhängigkeit, da dieser kleine Anteil bedeutende Auswirkungen auf die Energiesicherheit in Europa hat.
Während die meisten Gazprom-Kunden in Europa bereits Alternativen gefunden haben und Länder wie Deutschland sich durch erhöhte Pipeline-Lieferungen aus Norwegen und weltweite LNG-Importe von der Ukraine unabhängig gemacht haben, gibt es politische Forderungen, die günstigeren russischen Pipeline-Lieferungen wieder aufzunehmen. Österreich und die Slowakei haben jedoch ihr Interesse verloren und wollen auf diese verzichten.
Russland exploriert unterdessen weitere Exportmöglichkeiten, darunter Pipelines durch die Türkei und gesteigerte wirtschaftliche Beziehungen zu China sowie LNG-Exporte ins Ausland. Präsident Wladimir Putin betonte kürzlich, dass Russland bereit sei, weiterhin Gas durch die Ukraine zu transportieren, doch alternative Exportrouten seien möglich, falls Kiew das Abkommen nicht verlängern möchte.
Kiew seinerseits sucht nach anderen Wegen, um seine Rolle als Transitland zu festigen und führt Gespräche über Gaslieferungen aus Aserbaidschan in die EU. In Kiew teilte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij mit, das Abkommen mit Russland werde definitiv nicht verlängert und alternative Gasunternehmen könnten in Betracht gezogen werden.
Auch Aserbaidschan strebt an, seine Gasexporte nach Europa zu steigern und hat bereits mit drei Staaten Verhandlungen darüber aufgenommen, wie Präsident Ilham Alijew auf einem internationalen Forum in Italien erklärte. Allerdings reichen die aktuellen Fördermengen in Aserbaidschan nicht aus, um russisches Gas kurzfristig vollständig zu ersetzen.
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