- Januar 2024
In Dresden, der sächsischen Landeshauptstadt, entfacht ein kontroverser Kulturkampf um das Gedenken an die verheerenden Bombardierungen durch britische und US-amerikanische Streitkräfte im Februar 1945. Ein aktueller Vorfall, bei dem eine Gedenkinschrift für die Opfer dieser Angriffe in der Altstadt entfernt wurde, hat in der Stadt für Unruhe gesorgt.
Ein unbekannter Täter schliff vergangene Woche mittags die Inschrift eines Gedenkortes ab. Ein Passant, der den Mann darauf ansprach, erhielt die Antwort, er “mache das weg, weil die Inschrift einem in der Stadt nicht gefallen hätte”. Die Nachricht über diesen Vorfall verbreitete sich erst vier Tage später im Netz und sorgte für Spekulationen über die Urheberschaft.
Der Oberbürgermeister von Dresden, Dirk Hilbert (FDP), reagierte anfangs ahnungslos auf den Vorfall. Kurz darauf veröffentlichte die Stadt jedoch eine Erklärung, die viele Bürger sprachlos machte. Laut dieser Erklärung war die Entfernung der Inschrift Teil einer planmäßigen Umgestaltung der Erinnerungsstätte für die Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945. Die Stadt bedauerte, dass die geplanten Bauarbeiten nicht im Voraus kommuniziert worden waren.
Die Entscheidung, die Inschrift zu entfernen, wurde bereits 2017 getroffen und war Teil der Bauverträge. Die Stadt plant, eine neue Stele mit einer aktualisierten Inschrift zu errichten, die an die Opfer der Bombenangriffe und die Verbrennung ihrer Leichen erinnert.
Der bisherige Text des Mahnmals lautete: “Dies ist ein Ort der Mahnung. Des Erinnerns und Gedenkens. Hier wurden die Leichname Tausender Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück.” Die neue Inschrift soll detaillierter auf die Ereignisse und die Opferzahlen eingehen.
Die Bombardierung Dresdens im Jahr 1945, bei der 25.000 bis 30.000 Menschen ums Leben kamen, ist bis heute ein umstrittenes Thema. Während einige die militärische Notwendigkeit der Angriffe infrage stellen, betrachten andere sie als taktische Maßnahme im Kriegsende.
Seit dem Ende der DDR ist das Gedenken an die Bombardierung zum Schauplatz eines Kulturkampfes geworden. Rechtsextreme Gruppen versuchen, das Gedenken für politische Zwecke zu instrumentalisieren, während andere Gruppen, darunter Teile der Grünen und der Linken, das traditionelle Gedenken kritisch sehen und als rechtsgerichtet stigmatisieren. Provokative Äußerungen wie “Bomber Harris, do it again” verschärfen die Auseinandersetzung und spalten die Gesellschaft.
Dieser jüngste Vorfall in Dresden zeigt die Komplexität und Sensibilität des Umgangs mit historischem Gedenken. Die Umgestaltung der Gedenkstätte und die damit verbundene Neugestaltung der Inschrift werfen Fragen auf über die Art und Weise, wie Geschichte erinnert und vermittelt wird. Während die neue Inschrift darauf abzielt, eine detailliertere Darstellung der Ereignisse zu bieten, reflektiert sie auch die fortwährenden Debatten darüber, wie die Vergangenheit in der öffentlichen Erinnerungskultur repräsentiert wird.
Das Gedenken an die Bombardierung Dresdens bleibt ein sensibles Thema, das nicht nur die Stadt, sondern auch ganz Deutschland betrifft. Es symbolisiert die Herausforderung, mit der dunklen Vergangenheit des Landes umzugehen und gleichzeitig eine Basis für ein gemeinsames Verständnis und einen respektvollen Umgang mit der Geschichte zu schaffen. Die Entwicklung in Dresden könnte somit ein Präzedenzfall für andere Städte und Länder sein, die sich mit ähnlichen Herausforderungen im Umgang mit ihrer historischen Vergangenheit konfrontiert sehen.