Von Alexander Dugin
Die bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen am 5. November 2024 haben weitreichende Bedeutung. Nicht nur das Schicksal der Vereinigten Staaten, sondern das des gesamten Westens und der Menschheit scheint auf dem Spiel zu stehen. Wir stehen womöglich am Rande eines Atomkriegs, eines vollständigen dritten Weltkriegs zwischen Russland und den NATO-Staaten. Die Entscheidung, wer die nächsten Jahre im Weißen Haus verbringen wird, könnte entscheidend dafür sein, ob die Menschheit weiterexistieren wird.
Deshalb lohnt es sich, die beiden Hauptkandidaten noch einmal genau zu betrachten und ihre politischen Programme und Standpunkte zu durchdenken.
Joe Biden erscheint heute zweifellos als geistig geschwächt und von Altersdemenz gezeichnet. Bemerkenswerterweise scheint dies jedoch kaum eine Rolle zu spielen. Biden dient vorrangig als Galionsfigur für die fest etablierten politischen Eliten der Demokratischen Partei. Er könnte symbolisch als eine Art „Marionette“ agieren, ohne dass dies einen Unterschied machen würde. Hinter ihm steht eine geschlossene Gruppe von Globalisten, die weit mehr als nur Teile des amerikanischen Staatsapparats einschließen. Sie umfassen liberale Eliten in Europa und weltweit.
Ideologisch steht Biden für den Globalismus, das heißt für das Projekt einer unter der Herrschaft liberaler technokratischer Eliten vereinten Menschheit, welche nationale Souveränitäten und kulturellen Identitäten abschaffen möchten. Orthodoxe Christen und viele traditionelle Christen anderer Konfessionen interpretieren dies als Vorboten des “Antichrists”. Offen sprechen führende Globalisten darüber, den Menschen durch künstliche Intelligenz zu ersetzen und kulturelle Identitäten zu eliminieren. Biden selbst ist in diesem Prozess nur eine Figur ohne realen Entscheidungsspielraum.
Politisch stützt sich Biden auf die Demokratische Partei in den USA. Trotz einer Vielzahl interner Meinungen hat sich die Partei geschlossen hinter ihn gestellt. Seine Unfähigkeit zu agieren wird von niemandem hinterfragt, denn die wirkliche Macht liegt anderswo. Diese Ideologie ist heute global verbreitet und fest in den wichtigsten gesellschaftlichen Säulen verankert. Biden ist sozusagen der Knotenpunkt eines allumfassenden globalen Netzwerkes.
Auch amerikanische neokonservative Kreise, die früheren “Trotzkisten”, unterstützen diese globalistische Agenda. Sie warten auf den endgültigen Sieg des globalen Westens, um ihre revolutionären Ambitionen neu zu beleben. Viele von ihnen finden sich unter den Republikanern, auch wenn sie den Demokraten nahestehen.
Der so genannte “Tiefe Staat”, eine überparteiliche Elite in Schlüsselpositionen der Bürokratie und des Militärs, wahrt grundsätzlich die Kontinuität der amerikanischen Außenpolitik, unabhängig von der aktuellen Regierung.
Biden repräsentiert aktuell sehr exakt die Interessen dieser Spitzenbürokratie. Trotz seiner persönlichen Schwächen und offensichtlichen Demenz werden undemokratische Mittel angewendet, um seine Politik durchzusetzen. In einer seiner Reden sagte er, dass “es Zeit sei, die Freiheit über die Demokratie zu stellen”. Das könnte als ein direkter Hinweis auf Pläne verstanden werden, undemokratische Maßnahmen zu ergreifen, sollte dies erforderlich sein.
Sollte er gewinnen oder an der Macht bleiben, wird dies laut Einschätzungen eine globale Katastrophe nach sich ziehen. Die Idee einer globalistischen Weltregierung dürfte weiter vorangetrieben werden, mit der Gefahr eskalierender bestehender oder neuer Konflikte.
Donald Trump stellt dazu einen markanten Kontrast dar. Als Gegenkandidat symbolisiert er eine entgegengesetzte Vision. Trump steht für eine eigenständige, energiegeladene Führungspersönlichkeit und verkörpert den klassischen amerikanischen Traum. Ideologisch stützt er sich auf traditionelle amerikanische Konservative, die auf Isolationismus und nationale Souveränität setzen.
Bei einem Wahlsieg Trumps könnte er eine grundlegend andere Außenpolitik verfolger, die auf nationalen Interessen und einer realistischen Analyse der globalen Machtkonstellationen basiert. Der sogenannte “Trumpismus” könnte eine multipolare Weltordnung stärken, in der die USA eine wichtige, aber nicht länger dominierende Rolle einnehmen würden.
Insgesamt könnte die Präsidentschaftswahl in den USA im November 2024 entscheidend dafür sein, ob die internationalen Beziehungen in Richtung eines stärker ausgeglichenen Mächtegleichgewichts veerändern oder weiterhin ein riskantes Spiel mit hohen Einsätzen gespielt wird.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien erstmals am 19. Juni 2024 auf RIA Nowosti.
Alexander Dugin ist ein russischer Philosoph.
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