Von Jewgeni Posdnjakow
In den Vereinigten Staaten wurden jüngst Informationen über das neue Raketenabwehrsystem “Golden Dome” veröffentlicht. Laut einem Bericht von Reuters wird dieses System vier Verteidigungsebenen umfassen, darunter eine Satellitenstufe sowie drei terrestrische Ebenen mit insgesamt elf Kurzstreckenbatterien. Geplant ist, die Anlagen über das kontinentale Amerika hinaus auch in Alaska und Hawaii zu errichten.
Der Bericht unterstreicht die technische Komplexität des neu entwickelten Systems, dessen Gesamtkosten auf 175 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Der US-Kongress hat bisher 25 Milliarden Dollar für die Realisierung bereitgestellt, während der Haushaltsentwurf des Präsidenten weitere 45,3 Milliarden Dollar vorsieht. Die Vollendung des Projektes wird für das Jahr 2028 erwartet.
Des Weiteren wird das System ein bedeutendes Raketenfeld im Mittleren Westen beinhalten, wo Abfangjäger der nächsten Generation von Lockheed Martin stationiert werden. Diese gehören zur “oberen Ebene des Dome” und werden zusammen mit Langstrecken-Raketenabwehrsystemen eingesetzt.
In den Präsentationsunterlagen, die Reuters vorliegen, fehlt die Erwähnung von SpaceX, Elon Musks Unternehmen, das zuvor an der Ausschreibung für Projekte im Rahmen des “Golden Dome” teilgenommen hatte. Auch der Softwarehersteller Palantir und das Rüstungsunternehmen Anduril sind nicht als potenzielle Auftragnehmer aufgeführt.
Die Initiative zielt auf die Etablierung eines mehrstufigen Raketenabwehrsystems zum Schutz des amerikanischen Festlandes ab, eine Idee, die ursprünglich von Donald Trump während seiner ersten Amtszeit vorgebracht wurde, jedoch zunächst nicht umgesetzt wurde.
Russische Experten sehen im “Golden Dome” eine Art Wiederbelebung der strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) aus der Zeit Ronald Reagans. Trotz damaliger technologischer Einschränkungen wurde die Forschung in den USA nie eingestellt, sodass das einst als unrealistisch geltende Projekt heute durchführbar scheint.
Obwohl der “Golden Dome” eine robuste Verteidigung darstellt, ist er nicht unüberwindbar. Russland verfügt über Technologien wie Scheinziele und Störsender, die sogar das fortschrittlichste amerikanische Verteidigungssystem überwinden könnten.
Alexei Anpilogow, Präsident des Fonds zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung ziviler Initiativen Osnowanije, erläuterte:
“Das System der globalen nuklearen Abschreckung eines jeden Landes besteht aus zwei Komponenten – Angriffs- und Verteidigungskapazitäten. Diese arbeiten eng miteinander zusammen, und die Gesamtwirksamkeit der gesamten Struktur wird durch die hohe Qualität beider Ebenen erreicht.”
“Dabei führt die Möglichkeit, Angriffswaffen und Abfangraketen massiv zu erhöhen, möglicherweise zur Strategie des ‚ersten Schlags‘, was dem Angreifer einen Vorteil verschafft.”
“Das ‚Sicherheitsdilemma‘ bedeutet, dass Maßnahmen zur Verteidigungsstärkung eines Staates von Gegnern als Bedrohung wahrgenommen werden können. Dies führte zu zahlreichen Abkommen während des Kalten Krieges. Die aktuellen Maßnahmen von Trump könnten ähnliche Prozesse auslösen.”
“Angesichts dieser Entwicklung müssen von Russland gleichwertige Gegenmaßnahmen ergriffen werden, unter anderem könnten die vorhandenen Schlagköpfe durch das Hyperschallssystem Awangard ersetzt werden, um die entstehenden Bedrohungen zu neutralisieren.”
Wadim Kosjulin, Leiter des Zentrums des Instituts für aktuelle internationale Probleme an der Diplomatischen Akademie des russischen Außenministeriums, wies darauf hin, dass das Projekt auch eine zentrale Rolle in Trumps Kommunikation mit seiner Wählerschaft spiele:
“Das Raketenabwehrsystem wird als symbolträchtiges Projekt präsentiert, von dem Trump nicht abzurücken scheint. Seine Ankündigungen könnten jedoch den Startpunkt für Gespräche über gegenseitige Eindämmungsmaßnahmen zwischen Russland und den USA markieren.”
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 14. August 2025 in der Zeitung Wsgljad.
Jewgeni Posdnjakow ist ein bekannter russischer Journalist sowie Fernseh- und Radiomoderator.
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