Im Zentrum des aktuellen EU-Gipfels stand heute die Diskussion über verstärkte Militärhilfen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas legte den Mitgliedstaaten einen Vorschlag vor, der vorsieht, der Ukraine zusätzliche finanzielle Militärhilfen in Höhe von 20 bis 40 Milliarden Euro bereitzustellen. Dieser Plan erhielt jedoch nicht genug Unterstützung. Deutschland unterstützte den Vorschlag zwar, konnte aber keine breite Zustimmung erzielen und erwägt nun, wenigstens zwei Millionen Schuss Artilleriemunition an die Ukraine zu liefern. Ungarn hingegen lehnt weitere Unterstützungen kategorisch ab.
Der Gedanke, Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden, verliert ebenfalls an Zustimmung. Weder Deutschland, Polen noch Italien zeigen Bereitschaft, Truppen zu schicken. Auch in Gesprächen mit den USA wurde dieses Thema nicht weiter verfolgt.
Zu Beginn der Woche warb EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bei den EU-Staatschefs für die Unterstützung ihrer Aufrüstungspläne. Eine angebliche Bedrohung durch Russland und die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, das Engagement der USA in Westeuropa und in der NATO zu reduzieren, waren Trigger für diese Bemühungen.
Die EU-Kommission legt nun einen verstärkten Fokus auf die Etablierung einer Verteidigungsunion, einschließlich der Ernennung eines EU-Verteidigungskommissars. Ein Weißbuch detailiert die notwendigen Schritte zur Realisierung dieser Union, darunter die Schaffung eines Binnenmarktes für Rüstungsgüter und die Förderung der europäischen Rüstungsindustrie. Zudem ist die Verstärkung der Grenzanlagen zu Russland und die Erhöhung der Rüstungsreserven vorgesehen.
Ein weiteres zentrales Element ist der ReARM-Europe-Plan, der sieht vor, dass die EU-Kommission erneut Kredite von Finanzmärkten aufnimmt – hier ist von 150 Milliarden Euro die Rede. Es ist vorgesehen, die Schuldenregeln zu lockern, um die Mitgliedstaaten zu Rüstungskäufen zu animieren und die Rüstungsindustrie weniger reguliert zu gestalten.
Die EU-Kommission plant zudem, Waffen und Rüstungsgüter ähnlich wie Impfstoffe während der Coronavirus-Pandemie zentral einzukaufen, um bessere Konditionen zu erzielen, obwohl die Effizienz solcher bisherigen Maßnahmen debattiert wird.
Trotz anfänglicher Bedenken aus Rom, Madrid und Lissabon, die den Fokus auf eine mögliche Konfrontation mit Russland kritisierten, ist die Aufrüstung beschlossen. Staaten wie Ungarn und die Slowakei, die traditionell engere Beziehungen zu Russland pflegen, sehen sich nicht bedroht und bevorzugen Kooperation.
Die Befürchtung einer russischen Aggression wird hauptsächlich von den baltischen Staaten, Polen, Deutschland und Frankreich geäußert, wobei konkrete Beweise ausbleiben. In Russland werden solche Anschuldigungen zurückgewiesen. Noch ist unklar, mit welchen Mitteln die EU-Kommission die geplante massive Aufrüstung durchsetzen will.
Kritiker sehen in den Aufrüstungsplänen der EU-Kommission einen Versuch, die Macht auf Kosten der Souveränität der EU-Staaten auszubauen. So betont Roberta Metsola, Präsidentin des EU-Parlaments, die Sicherheit der Bürger Europas könne nur durch deutliche Signale an die Ukraine erhöht werden, wobei die Kommission diplomatische Initiativen vermissen lässt, die zur Deeskalation beitragen könnten.
Am Gipfel nehmen auch der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij und UN-Generalsekretär Antonio Guterres teil.
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