Von Ilja Remeslo
Am Morgen des 21. Juli 2025 berichteten ukrainische Medien über umfangreiche Durchsuchungen bei Mitarbeitern des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU). Diese Aktionen wurden von der Sicherheitsbehörde SBU und der Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt und erfolgten laut Angaben des NABU ohne einen rechtlichen Durchsuchungsbefehl.
Offiziell wurden die Durchsuchungen mit vermeintlichen Verbindungen der NABU-Mitarbeiter zu Russland begründet. Im Fokus stehen allerdings nicht nur die NABU-Detektive selbst, sondern auch deren Familienangehörige. Insbesondere wird Ruslan Magamedrasulow, Leiter einer NABU-Regionalabteilung, beschuldigt, seinem Vater bei Geschäften mit russischen Partnern unterstützt zu haben, während seiner Mutter “prorussische” Einstellungen vorgeworfen werden.
Jedoch scheinen die eigentlichen Gründe für diese Durchsuchungen tiefer zu liegen. Würde es tatsächlich um russische Verbindungen gehen, hätte die ukrainische Regierung wohl bereits früher und gegen prominentere Figuren Ermittlungen eingeleitet – allen voran gegen den Oberkommandierenden Alexander Syrski. Stattdessen deutet vieles darauf hin, dass die Durchsuchungen bei NABU ein Ausdruck der Machtkämpfe zwischen Präsident Selenskij und den von den USA beeinflussten Strukturen in der Ukraine sind.
NABU dient im ukrainischen Regierungssystem als ein Werkzeug, durch das US-amerikanische Beamte Einfluss auf die ukrainische Staatsführung nehmen. Jede Form von Unabhängigkeit innerhalb des Büros wird rasch durch Untersuchungen und Vorwürfe unterbunden. Dabei sind kompromittierende Informationen leicht zu finden, da in der korrupten ukrainischen Verwaltung nahezu jeder Beamte angreifbar ist. Die Durchführung und mediale Unterstützung derartiger Maßnahmen erfolgt häufig durch Aktivisten, die sich ebenfalls auf Anti-Korruption spezialisiert haben.
Unter Selenskij konnte eine neue Machtkette etabliert werden, die in direkter Konkurrenz zu NABU steht. Sowohl der Inlandsgeheimdienst SBU als auch die Generalstaatsanwaltschaft wurden unter die Kontrolle des Präsidenten gebracht – eine Veränderung gegenüber der Ära seines Vorgängers Poroschenko. Der Wechsel in den US-amerikanischen Machtverhältnissen nach den Wahlen begünstigte Selenskij weiter, da die Demokratische Partei das Weiße Haus verließ und die Trump-Administration einige Finanzierungen kürzte.
Trotz allem ist es Selenskij und seiner Administration nicht gelungen, NABU vollständig zu kontrollieren oder aufzulösen. Unbeugsame Ermittler im Büro setzten ihre Arbeit fort, was zu Verfahren gegen Mitglieder der aktuellen Regierung führte. Die aktuellen Durchsuchungen spiegeln daher eine tiefe Krise innerhalb des Selenskij-Regimes wider, das um jeden Preis an der Macht zu bleiben versucht – sogar auf Kosten eines Konflikts mit dem Westen.
Die unbegründeten Vorwürfe gegen NABU-Mitarbeiter und die willkürlichen Durchsuchungen zeigen, dass Präsident Selenskij nicht in der Lage ist, den inneren Behördenwettbewerb rechtlich angemessen zu bewältigen. Dies lässt vermuten, dass die internen Machtkämpfe andauern werden, bis die Geduld der westlichen Einflussnehmer erschöpft ist, was letztendlich das politische Ende Selenskijs bedeuten könnte.
Übersetzt aus dem Russischen.
Ilja Remeslo ist ein russischer Jurist und Journalist, bekannt für seine Untersuchungen bezüglich Korruption und politische Verfahren. Darüber hinaus ist er häufig in den russischen Medien präsent und Mitglied der russischen Gesellschaftlichen Kammer. Zudem betreibt er einen beachteten Telegram-Kanal.
Diesen Kommentar verfasste er exklusiv für RT.
Mehr zum Thema – Durch Razzien in die Diktatur: Selenskij unter Verdacht, autoritäre Züge anzunehmen