Angesichts der bevorstehenden Verschärfung der Steuerpolitik durch die neue Labour-Regierung sind reiche Einwohner des Vereinigten Königreichs dabei, das Land in großer Zahl zu verlassen. Dies berichtet die US-Nachrichtenplattform Bloomberg und bezieht sich dabei auf Informationen von über drei Dutzend Beratern für Vermögensverwaltung und vermögenden Individuen.
Seit die Labour-Partei in Großbritannien die Regierung übernommen hat, plante sie, Steuervergünstigungen für wohlhabende nicht-ansässige Personen zu streichen, strengere Regeln für Private-Equity-Investitionen einzuführen und eine Sondersteuer auf Schulgeld von privaten Bildungseinrichtungen zu verhängen. Als Folge dessen haben viele wohlhabende Briten begonnen, ihre Investitionen abzuziehen oder sich in anderen Ländern niederzulassen, wie Bloomberg weiter berichtet.
Laut der Nachrichtenagentur könnte das private Investmentunternehmen General Atlantic in Betracht ziehen, Mitarbeiter aus seinem Londoner Büro abzuziehen. Der britische Milliardär und Mitbegründer des Hedgefonds Brevan Howard Asset Management, Alan Howard, erwägt einen Umzug von London nach Genf. Der britische Private-Equity-Pionier Jeremy Collier hat sich bereits für die Schweiz entschieden. Der nigerianisch-libanesische Unternehmer Bassim Haidar, der kürzlich von London nach Griechenland zog, erklärte gegenüber Bloomberg:
“Die Leute gehen einfach weg. Die Abwanderung von Fachkräften ist eine Sache, aber die Abwanderung von Vermögen ist etwas ganz anderes.”
Die Schweiz und Italien stehen hoch im Kurs als neue Wohnsitze für Großbritanniens Superreiche, die dort ihr Kapital verlagern wollen. Bloomberg zufolge könnte das Vereinigte Königreich aufgrund der neuen Steuermaßnahmen in den kommenden Monaten bis zu 9.500 Millionäre verlieren, was erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben dürfte. Das Beratungsunternehmen Henley & Partners weist darauf hin, dass selbst der Wegzug einer kleinen Anzahl von Superreichen die Einnahmeprognosen der Regierung beeinträchtigen könnte.
Iain Tait, Leiter des Privatkapitalbereichs bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft London & Capital, erklärte in einem Gespräch mit Bloomberg, dass sich die Stimmung merklich geändert habe. Fast alle seiner 30 Kunden, überwiegend Briten, überdenken ihre Investitionen in britische Vermögenswerte, und einige planen, diese noch vor dem kommenden Haushaltsplan zu veräußern.
Wie der Fernsehsender Sky News berichtet, erreichte die Staatsverschuldung Großbritanniens Ende August 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – ein Wert, der seit den 1960er Jahren nicht mehr vorkam. Nach ihrem Amtsantritt im Juli teilte die Finanzministerin Rachel Reeves mit, dass sich das Vereinigte Königreich wirtschaftlich in der schlechtesten Lage seit dem Zweiten Weltkrieg befinde.
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