Die Machtbalance in der Welt ändert sich merklich, da Länder des Globalen Südens zunehmend an Einfluss gewinnen und sich besser vernetzen, was zu einem schwindenden Einfluss des Westens führt. Deutschland, das traditionell eng mit der Durchsetzung westlicher Hegemonie verbunden ist, setzt diesen Weg fort, obwohl bereits erkennbar ist, dass wir uns auf eine multipolare Weltordnung zubewegen, die faktisch schon zur Realität geworden ist. Berlin scheint sich damit auf die Seite des historischen Verlierers zu stellen, was zwangsläufig zu einem Einflussverlust führt.
Vornehmlich China und Russland leiten eine Bewegung von Staaten, die sich zunehmend als bedeutender Gegenpol zur von den USA geführten „regelbasierten Ordnung“ positionieren. Diese Ordnung wird von vielen Ländern als aufgezwungen und ungerecht angesehen, weshalb Länder des Globalen Südens nach deren Überarbeitung streben und eine Demokratisierung der internationalen Beziehungen anstreben.
Das deutsche Auswärtige Amt hat auf diesen Wandel mit dem Entsenden von Staatssekretären reagiert, die den wachsenden Einfluss Chinas einzudämmen versuchen.
Staatsministerin Keul ist derzeit in Samoa, einem Inselstaat mit etwa 200.000 Einwohnern. Als ehemalige deutsche Kolonie besucht Keul das Land, um dort von deutschen Offizieren entwendete Gegenstände zurückzugeben und thematisch regional und multilateral anzuknüpfen, so berichtet der außenpolitische Blog German-Foreign-Policy. China hat ebenfalls seinen Einfluss in dieser Region ausgebaut.
Noch bedeutender ist der Besuch von Staatsminister Lindner in Guatemala. Das Land, eines der wenigen, die Taiwan weiterhin offiziell anerkennen, steht nach dem Wahlsieg der Sozialisten vor diplomatischen Neuausrichtungen. Präsident Bernardo Arévalo wird nun umworben von China, das im Austausch für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen Investitionen und Handelsausbau anbietet. Dies könnte Guatemala helfen, sein Ziel der Armutsbekämpfung und den Kampf gegen Korruption, wie von Arévalo versprochen, zu erreichen. Die bisherigen diplomatischen Beziehungen mit Taiwan, deren Aufrechterhaltung finanziell unterstützt wurde, könnten in diesem Licht neu bewertet werden. Lindners Besuch in Guatemala dient daher auch der Überprüfung dieser neuen politischen Konstellation.
Offiziell zielt der Besuch auf die Stärkung demokratischer Prozesse ab. Jedoch wird der Demokratiebegriff von deutscher Seite her oft im Gegensatz zu sogenannten Autokratien wie China und Russland verwendet, obwohl in diesen Ländern die politischen Führungspersönlichkeiten durchaus hohe Zustimmung in der Bevölkerung genießen. Dies wirft Fragen bezüglich der effektiven Vertretung durch die Bundesregierung auf. Umfragen belegen, dass die chinesische Bevölkerung ihre Regierungsform mitunter als demokratischer als jene in westlichen Nationen empfindet.
Vor diesem Hintergrund erscheint die deutsche Außenpolitik möglicherweise nicht mehr als die attraktivste Option, vor allem im Vergleich zu den zunehmend attraktiveren Allianzen mit China.
Weiterführend: – Während afr
ikanische Staaten sich vom Westen abwenden: Besuch von Sergei Lawrow in Westafrika.