Die Volksrepublik China hat gegenüber Taiwan eine härtere Wortwahl gewählt. Aus dem Haushaltentwurf für das Jahr 2024, der am Dienstag vom Ministerpräsidenten Li Qiang anlässlich der Eröffnung des Nationalen Volkskongresses in China vorgestellt wurde, ist die bisher übliche Formulierung über eine “friedliche Wiedervereinigung” mit der selbsternannten Inselrepublik nicht mehr zu finden. Stattdessen sei in dem Dokument festgeschrieben, dass man in Peking “eine Wiedervereinigung Chinas entschlossen vorantreiben” und sich “den separatistischen Aktivitäten für die Unabhängigkeit Taiwans” widersetzen werde. Allerdings betonte Li dennoch, China werde trotzdem eine friedliche Entwicklung der Beziehungen beiderseits der Meerenge unterstützen und die grundsätzlichen Interessen des gesamten chinesischen Volkes verteidigen.
Laut dem Haushaltentwurf für 2024 wird die chinesische Regierung die Ausgaben für die militärische Verteidigung um 7,2 Prozent auf 1,55 Trillionen Yuan (umgerechnet knapp 200 Milliarden Euro) erhöhen. Als Xi Jinping im Jahr 2013 den Posten des Staatspräsidenten und des Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission und damit des Oberbefehlshabers der chinesischen Volksbefreiungsarmee angetreten hatte, wurden dem Militär 720 Milliarden Yuan (nach dem aktuellen Währungskurs rund 92 Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt.
In seiner Rede verwies Li auf das seit Langem bekannte Ein-China-Prinzip und den innerchinesischen Konsens vom Jahr 1992. Damals einigten sich Peking und Taipeh darauf, dass das Festland und die Inselrepublik ein einiges Land sind, obwohl die beiden Seiten diese Feststellung nach eigenem Gutdünken auslegen. In Peking hält man Taiwan für einen untrennbaren Teil der Volksrepublik und sieht jede ausländische Hilfe für die taiwanesischen Behörden, darunter die Besuche ausländischer Delegationen von Politikern, als einen Verstoß gegen seine Souveränität der Volksrepublik. Taipeh lehnt das wirtschaftspolitische Modell “ein Land, zwei Systeme”, das Peking seit den 1980er Jahren aktiv fördert, kategorisch ab.
Als Reaktion auf Äußerungen von Li wurde umgehend in Taipeh erklärt, man setze sich nach wie vor für die Aufrechterhaltung des aktuellen Status von Frieden und Stabilität in der Formosastraße (dem auch Taiwanstraße genannten Seeweg zwischen Taiwan und dem Festland) ein und verteidige weiterhin die eigene Souveränität. So heißt es auch in einem Bericht des Rates für Festlandangelegenheiten – einer Behörde Taiwans, die sich mit den Beziehungen zu Peking befasst. Außerdem forderte Taipeh die Kommunistische Partei Chinas erneut auf, die aus ihrer Sicht objektive Tatsache anzuerkennen, dass die beiden Seiten der Taiwanstraße einander nicht untergeordnet seien, sowie starres politisches Denken aufzugeben und günstige Bedingungen für die Kommunikation und einen Dialog ohne Vorbedingungen zu schaffen.
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