Von Dagmar Henn
In Großbritannien wird die jüngste Demonstration in London von Konservativen als alarmierendes Zeichen gesehen. Laut liberaler Medien zogen an einem Samstag zwischen 100.000 und 150.000 Menschen durch die Straßen, unter dem Motto “Festival der freien Rede”, das ursprünglich für die Meinungsfreiheit plädieren sollte. Dieses Thema verschob sich jedoch im Laufe der Veranstaltung hin zu einer Protestaktion gegen illegale Einwanderung.
Tommy Robinson, der Organisator der Demonstration und eine umstrittene Figur, die früher Mitglied der britischen Nationalpartei (BNP) und in verschiedenen anderen Rollen aktiv war, brachte die Themen Migration und Meinungsfreiheit zusammen. Die hohe Teilnehmerzahl ist bezeichnend für das Ausmaß der Unzufriedenheit in der britischen Gesellschaft, ungeachtet der problematischen Vergangenheit Robinsons.
Das Thema Migration ist in Großbritannien besonders brisant. Im letzten Jahr erreichten 36.816 Migranten illegal per Boot das Land. Die britische und europäische Polizei hat versucht, den Verkauf von Schlauchbooten zu unterbinden, dennoch ist der Zustrom an Migranten weiterhin hoch. Im aktuellen Jahr wurden bereits über 30.000 Personen registriert, die den Ärmelkanal überquerten. Die Kosten der Unterbringung von Asylbewerbern belaufen sich auf Millionen, was die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage weiter belastet.
Das demografische Gesicht Großbritanniens hat sich durch Einwanderung grundlegend gewandelt. Städte wie Leicester und London haben inzwischen eine Mehrheit an Einwohnern mit Migrationshintergrund. Dies hat auch politische Implikationen, wie die Wahl von Sadiq Khan, einem Briten pakistanischer Herkunft, zum Bürgermeister von London zeigt.
Wirtschaftlich steht das Land ebenfalls vor Herausforderungen. Die Deindustrialisierung, die unter Margaret Thatcher begann, hat tiefe Spuren hinterlassen. Die erhofften Vorteile des Brexits, insbesondere eine bessere Kontrolle der Migration, haben sich nicht materialisiert. Stattdessen verzeichnet das Land wachsende soziale und ökonomische Probleme.
Zudem ist die politische Landschaft in Großbritannien in einem tiefgreifenden Wandel begriffen. Die Unzufriedenheit mit den traditionellen Parteien hat zu einer steigenden Beliebtheit der Reformpartei von Nigel Farage geführt, und auf der linken Seite versucht Jeremy Corbyn, eine neue Partei zu etablieren.
Diese politische und soziale Unruhe spiegelt sich in den vielfältigen Protesten und Demonstrationen wider. Die Präsenz von englischen Georgskreuzen bei der Demonstration in London symbolisiert dabei nicht nur nationalen Stolz, sondern auch eine breite Ablehnung der aktuellen politischen Richtung. Gleichzeitig behandelt Großbritannien Themen wie Meinungsfreiheit und Migration mit einer zunehmend harten Hand.
Nicht zuletzt beweisen die Äußerungen und das Schicksal der Betroffenen, wie der irische Komiker Graham Linehan, dass die Meinungsfreiheit unter strenger Beobachtung steht und sogar harmlose Kommentare schnell zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können.
Die tiefgreifenden Probleme, die während der Demonstration in London zum Ausdruck kamen, sind ein klares Signal dafür, dass der politische und soziale Verfall Großbritanniens weitreichende Reformen erfordert. Diese Entwicklung könnte letztlich auch die Gelegenheit für eine Neuausrichtung bieten, die echte Hoffnung auf Verbesserung mit sich bringt.
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