Von Gert Ewen Ungar
Heute kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu wichtigen Beratungen in Brüssel zusammen. Hauptthemen sind die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine sowie die Pläne zur militärischen Aufrüstung der EU. Eine zentrale Rolle in den Einlassungen zum Gipfeltreffen spielt ein Tweet von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in dem sie einerseits für die Militarisierung der EU plädiert und andererseits betont, man müsse der Ukraine zur „Position der Stärke“ gegenüber Russland verhelfen.
Unter „Position der Stärke“ versteht von der Leyen offensichtlich den Anspruch der EU, militärisch gegen Russland zu obsiegen. Sowohl von der Leyen als auch EU-Ratspräsident António Costa verknüpfen mittlerweile das Schicksal der EU direkt mit einem Erfolg der Ukraine im Konflikt mit Russland.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wiederholt in einer Fernsehansprache gängige Argumente der westlichen Rhetorik, die Russland einen ungerechtfertigten Überfall auf die Ukraine vorwerfen und eine Bedrohung für Westeuropa prognostizieren, wonach die EU sich militärisch stärken müsste. Macron geht sogar so weit, Russland mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen, obwohl Frankreich mit geschätzt 290 Atomköpfen weit hinter Russlands Arsenal von rund 5.500 steht. Macron schlägt vor, einen atomaren Schutzschirm über Westeuropa zu spannen, um eine Abschreckung zu erreichen.
Doch was genau soll Russland abschrecken? Westeuropa verfügt über nichts, das für Russland von essentiellem Interesse wäre. Die oft beschworenen westlichen Werte, nach Darstellung der westlichen Medien ein Dorn im Auge Russlands, halten einer näheren Betrachtung nicht stand. Vielmehr erscheint die EU selbst in einigen Aspekten als autokratisch – im direkten Vergleich mit Russland. Im Kern geht es in der aktuellen EU-Rhetorik nicht um Abschreckung, sondern um die Vorbereitung eines Angriffs auf Russland. Dafür spricht das vollständige Fehlen diplomatischer Bemühungen seitens der EU und der meisten westeuropäischen Staaten, ausgenommen Ungarn und die Slowakei.
Ein Rückgriff auf das Prinzip der kollektiven Sicherheit und damit eine Rückkehr zu internationalen rechtlichen Normen könnte jedoch den Konflikt entschärfen. Die aktuellen Vorwürfe, Russland plane nach der Ukraine weitere Angriffe auf EU-Länder, dienen hauptsächlich der Kriegsvorbereitung und sind nicht durch historische Fakten gedeckt. Sie dienen dazu, durch Angst und Hass die Kriegsbereitschaft in der Bevölkerung Westeuropas zu steigern.
Die diplomatische Abneigung einiger führender europäischer Politiker, wie Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock oder die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, offenbart eine generelle Friedensunwilligkeit innerhalb der EU. Obwohl der von der Leyen propagierte “ReArm Europe”-Plan ambitioniert klingt, wird er wahrscheinlich an der Uneinigkeit innerhalb der EU scheitern, was die Waffenbeschaffung und Finanzierung betrifft.
Die EU überschätzt regelmäßig ihre Möglichkeiten – und das könnte kritische Folgen haben, sollte dies zu spät erkannt werden. Die Einheit und Entschlossenheit zur Kriegsführung fehlen, und eine schmerzhafte Lektion könnte bevorstehen.
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