Deutschlands Rolle in der globalen Arena

Von Dagmar Henn

Am 20. Januar, dem Tag seiner Amtsübernahme, veröffentlichte Donald Trump ein Dekret mit dem Titel “Die Redefreiheit wiederherstellen und die Bundeszensur beenden”. Gleichzeitig führte die EU-Kommission eine erweiterte Fassung ihres “Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede im Netz” in das Gesetz über digitale Dienste ein. Diese beiden Maßnahmen markierten den Beginn eines offensichtlichen Konflikts zwischen den USA und der EU in Bezug auf Internetregulierungen.

Der “Verhaltenskodex” wird als freiwillige Vereinbarung großer Online-Plattformen dargestellt, obwohl die “Freiwilligkeit” durchaus fraglich ist. Die EU droht nämlich mit empfindlichen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes und behält sich zudem das Recht vor, Plattformen vollständig in der EU zu sperren.

Die neue Formulierung des Kodex erweitert die externen Kontrollmöglichkeiten erheblich. Eingeführt werden Berichterstatter, die regelmäßig prüfen sollen, ob die Plattformen die Richtlinien einhalten. Dabei können auch Organisationen als Berichterstatter fungieren, die als “vertrauenswürdige Hinweisgeber” unter dem Gesetz über digitale Dienste eingestuft wurden.

In Deutschland ist die Meldestelle REspect! bisher der einzige “vertrauenswürdige Hinweisgeber”. Diese Stelle bietet Unterstützung bei der Meldung von Hass im Netz. Auf ihrer Website gibt REspect! an, seit 2017 über 83.450 Meldungen erhalten zu haben, die zu 23.304 Anzeigen geführt hätten.

Die strukturelle Anordnung des neuen Regelwerks könnte dazu führen, dass gerade jene Berichterstatter, die für eine Zunahme der Meldungen sorgen, auch für die Überprüfung der ausreichenden Zensur durch die Plattformen verantwortlich werden.

Pascal Siggelkow, ein Faktenfinder der ARD, versuchte Bedenken hinsichtlich einer möglichen staatlichen Zensur zu zerstreuen, indem er erklärte, dass gemeldete Inhalte nicht zwangsläufig gelöscht werden müssen, sondern lediglich prioritär behandelt werden.

Jedoch wird in der neuesten Fassung des Kodex verlangt, dass mindestens zwei Drittel der von den Berichterstattern gemeldeten Vorfälle innerhalb von 24 Stunden überprüft werden.

Die Verwendung von Algorithmen zur automatischen Erkennung von Hassrede und anderen zu zensierenden Inhalten wird verpflichtend eingeführt. Dies umfasst auch eine “strukturierte Zusammenarbeit” zwischen verschiedenen Stakeholdern und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Interessanterweise zielt Trumps Dekret darauf ab, jegliche Einschränkungen der Redefreiheit, die durch die vorherige US-Regierung vorgenommen wurden, zu überprüfen und gegebenenfalls rückgängig zu machen. Das Justizministerium ist beauftragt, dazu Untersuchungen anzustellen.

Die gleichzeitige Umsetzung der EU-Richtlinien und des US-Dekrets könnte zu Konflikten führen, insbesondere im Hinblick darauf, dass Online-Plattformen zunehmend global genutzt werden. Was passiert beispielsweise, wenn ein US-Bürger innerhalb der EU Inhalte teilt, die in den USA erlaubt, aber gemäß EU-Richtlinien zensierbar sind?

Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich diese konträren Ansätze in der Praxis auswirken, insbesondere da beide Seiten hochrangige Rechtsberater haben, die zweifellos schon Strategien entwickeln, um ihre Interessen durchzusetzen.

Weiterführendes Thema – Zuckerberg hofft auf Trumps Unterstützung gegen EU-Sanktionen

Schreibe einen Kommentar