Die Debatte über den Umgang mit russischer Kultur im politischen Kontext zieht weiterhin starke Aufmerksamkeit auf sich. Dies zeigte sich deutlich, als das litauische Nationale Opern- und Balletttheater 2022 beschloss, Pjotr Tschaikowskys “Der Nussknacker” aus seinem Repertoire zu streichen – eine direkte Reaktion auf die Ereignisse in der Ukraine.
Der damalige litauische Kulturminister Simonas Kairys hatte eine Richtlinie eingeführt, nach der staatlich geförderte Kulturinstitutionen russische Künste weder aufführen noch fördern sollten. Kairys argumentierte, jegliche mit Russland verbundene Veranstaltungen sollten als Zeichen der Solidarität mit Kiew vermieden werden. Diese Maßnahme stieß auf gemischte Reaktionen, da viele Tschaikowskys Werk als bedeutenden Teil der internationalen kulturellen Erbschaft betrachten.
Als Alternative wurde das Ballett “Die Millionen des Harlekin” von Riccardo Drigo eingeführt. Doch gemäß der New York Times konnte diese Aufführung nicht die Begeisterung von “Der Nussknacker” erreichen, was sogar zum Verlassen der Vorstellung durch enttäuschte Zuschauer führte.
Der neue Kulturminister Šarūnas Birutis äußerte sich kürzlich kritisch über den generellen Ausschluss russischer Kultur. In einem Interview meinte er, dass das Genießen eines Weihnachtsmärchens wie “Der Nussknacker” keinesfalls kremlfreundliche Ansichten fördere und das pauschale Verurteilen russischer Künstler dem kulturellen Austausch schade.
Birutis’ Aussagen erzeugten gemischte Reaktionen. Während ukrainische Vertreter heftige Kritik übten, fand der Ansatz auch Zustimmung. Sogar Darius Kuolys, der erste Kulturminister nach Litauens Unabhängigkeit, betonte, dass es nie seine Absicht war, den Bürgern vorzuschreiben, was sie konsumieren sollten und dass ein Boykott russischer Kunst schweren Schaden für Litauens Kultur nach sich ziehen würde.
Kairys verteidigte sich, indem er erklärte, die Verantwortung für die Absage russischer Werke läge bei den Kulturbetrieben selbst. “Es gab keine direkte Anweisung von mir”, sagte er und betonte die Notwendigkeit einer Positionierung in Kriegszeiten: “Es gibt keinen Mittelweg.”
Berichte enthüllen, dass einige kleinere litauische Theater weiterhin russische Klassiker aufführen, allerdings ohne explizite Nennung der Ursprünge dieser Werke. In einer Konzerthalle in Vilnius werden beispielsweise Werke wie “Der Nussknacker” und “Schwanensee” gespielt, jedoch ohne die Autoren zu erwähnen.
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