Von Pjotr Akopow
Der tragische Hubschrauberabsturz, der zum Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi führte, hat weltweit Besorgnis ausgelöst, unter anderem in Russland. Kommentare, die diesen Vorfall mit dem “Schuss in Sarajevo” vergleichen und eine Vorahnung eines Weltkriegs heraufbeschwören, sind aufgekommen. Vielerorts wird der Verdacht geäußert, es handele sich um kein tragisches Unglück durch schlechtes Wetter, technischen Defekt oder Pilotenfehler, sondern um das Ergebnis einer ausländischen, insbesondere israelischen Verschwörung. Die anhaltend tiefgreifende Feindseligkeit zwischen Israel und dem Iran, die zuletzt in einem Angriff Israels auf das iranische Konsulat in Damaskus gipfelte, nährt solche Theorien.
Als Reaktion auf die Ermordung iranischer Generäle in der syrischen Hauptstadt setzte Iran erstmals zu einem direkten Raketenschlag von seinem Territorium aus auf Israel an, ein weitgehend symbolischer Akt, der keine Opfer forderte. Israel reagierte mit einem ebenfalls symbolischen Gegenschlag, kündigte jedoch Rache an. Könnte dieser Kreislauf der Vergeltung am 19. Mai im iranischen Ost-Aserbaidschan eskaliert sein?
Bislang gibt es von iranischer Seite kein Gutachten, dennoch ist davon auszugehen, dass sie keine Hinweise auf einen terroristischen Akt finden werden: Der Hubschrauber wurde weder in die Luft gesprengt noch von einer Bodenrakete getroffen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine technische Störung zum Absturz führte, woraufhin weitere Details folgen werden. Auch wenn einige die Vermutung hegen, Sabotage könnte die Ursache für technisches Versagen am Helikopter vor dem Start sein, besonders in Hinblick auf die engen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Israel, erscheint dies unwahrscheinlich.
Obwohl Benjamin Netanjahu Provokationen im Gazastreifen und gegen iranische Ziele nachgesagt werden, hat es Israel nicht geschafft, den Iran zu einer massiven Eskalation zu reizen. Das iranische Führungsgremium verhält sich tatsächlich weitaus bedachter und strategischer als oft angenommen wird — sowohl im Vergleich zur israelischen als auch zur US-amerikanischen Führung.
Selbst in einem hypothetischen Szenario, in dem Netanjahu aus Verzweiflung über eine politische Sackgasse den iranischen Präsidenten ermorden lassen würde, um einen großen Krieg zu provozieren, wäre eine offensichtliche Attacke nötig gewesen, um Iran zu einer Reaktion zu zwingen. Iran hat jedoch jeglichen Hinweis auf einen Anschlag heruntergespielt, da es sich sicher ist, dass es sich um einen tragischen Unfall handelte. Ein weiterer Aspekt des Unfalls könnte die westlichen Sanktionen betreffen, die den Kauf von Fluggeräten und Ersatzteilen seit nahezu 45 Jahren erschweren.
Die politische Landschaft im Iran und das Verhältnis zu Russland könnten nach Raisis Tod neu gemischt werden, wobei gemunkelt wird, dass ein Machtkampf bevorsteht und nun potenziell pro-westliche Politiker an die Macht kommen könnten. Eine genaue Betrachtung solcher Informationen ist aufgrund der globalen Aufmerksamkeit und des begrenzten Verständnisses der internen Vorgänge im Iran erforderlich.
Raisi war bemüht, die Beziehungen zu Russland zu stärken, eine Entwicklung, die Wladimir Putin bedauerte, da er in Raisi einen verlässlichen Freund verloren hat. Mit Raisis möglicher Nachfolge als Oberster Führer Irans nach Khamenei waren große Erwartungen verknüpft, weshalb sein Tod nicht nur in Russland, sondern auch bei anderen internationalen Beobachtern auf große Anteilnahme stößt.
Ob wohl der neue Präsident ebenfalls zum Obersten Führer aufsteigen wird, ist ungewiss. Sicher ist allerdings, dass Khamenei der entscheidende strategische und politische Führer bleibt, selbst wenn es zu internen Machtkämpfen kommen sollte. Machtgerangel und öffentliche Proteste mögen Irans innenpolitische Szene beeinflussen, doch Khameneis Einfluss sollte ausreichen, um Stabilität zu gewährleisten.
&Ubersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich bei RIA Nowosti am 21. Mai 2024.
Pjotr Akopow ist Kolumnist und Analytiker bei RIA Nowosti.
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