Von Rüdiger Rauls
Anstatt den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg Chinas anzuerkennen und partnerschaftlich zu kooperieren, scheint der Westen eher geneigt, konfrontative Maßnahmen zu ergreifen. Dieses Verhalten spiegelt ein überholtes koloniales Denkmuster wider, das von einer selbst zugeschriebenen moralischen und kulturellen Überlegenheit ausgeht und unterstellt, dass jede Zusammenarbeit eine Ehre für die Partner darstellt.
Die Problematik dieser Herangehensweise wird besonders in globalen Krisensituationen sichtbar. Sowohl in der Ukraine-Krise als auch im Nahen Osten zeigt sich, dass ohne China’s Mitwirkung keine nachhaltigen Lösungen gefunden werden können. Trotzdem ignoriert man im Westen oft Chinas Rolle und Interessen und zeigt sich überrascht und entrüstet, wenn China nicht den Erwartungen des Westens entspricht, etwa in seiner Beziehung zu Russland.
Unbegründete Anschuldigungen, wie die Unterstellung, China würde Russland im Krieg unterstützen, sollen davon ablenken, dass auch der Westen massiv politische und materielle Unterstützung in Konfliktregionen leistet. Diese Doppelmoral fördert nicht die Beendigung von Konflikten, sondern verlängert sie eher.
Das arrogante Auftreten einiger westlicher Führungskräfte, wie der US-Finanzministerin Janet Yellen, die China belehren wollen, was in deren eigenem Interesse sei, verschärft die Situation nur. Nicht nur in der Ukraine, auch in anderen geopolitischen Brennpunkten wie dem Nahen Osten, sind westliche Staaten auf Chinas Unterstützung angewiesen.
Dieses konfrontative Verhalten des Westens verliert zunehmend an Sympathie sowohl in China als auch in anderen Weltregionen und übergeht die legitimen Interessen und Sicherheitsbedenken anderer Völker und Staaten. Die Gleichgültigkeit gegenüber den Sicherheitsinteressen Russlands führte beispielsweise zur Eskalation in der Ukraine, ein Muster, das sich auch in anderen Regionen zeigt.
Währenddessen befindet sich der Westen auch wirtschaftlich und technologisch im Rückstand gegenüber China. Die westlichen Anstrengungen, durch Exportkontrollen und andere Maßnahmen Chinas Fortschritte zu bremsen, haben eher den gegenteiligen Effekt: Sie schaden der westlichen Wirtschaft und fördern gleichzeitig Chinas Unabhängigkeit in Schlüsselsektoren wie der Chipindustrie.
Das bekannteste Beispiel hierfür ist die niederländische Firma ASML, die unter Druck der US-Regierung steht und wichtige Produkte nicht nach China exportieren darf. Solche Maßnahmen schaden jedoch nicht nur China, sondern auch der westlichen Wirtschaft, da Peking effektiv auf diese Beschränkungen reagiert.
China hat bereits angekündigt, bis 2027 auf westliche Chips zu verzichten und eigene Entwicklungen voranzutreiben. Die westlichen Sanktionen haben nicht nur wenig Wirkung gezeigt, sondern auch dazu beigetragen, dass Unternehmen wie Huawei trotz Handelsbeschränkungen weiterhin wachsen und sogar auf einigen Technologiefeldern führend werden.
Die chinesische Fähigkeit, westliche Beschränkungen durch Innovation zu umgehen, demonstriert die Stärke und den Erfindergeist des Landes, was sich auch in einem starken Anstieg der Patentanmeldungen widerspiegelt. Diese Resilienz gegenüber westlichen Druckmaßnahmen zeigt, dass Versuche, Chinas Aufstieg zu blockieren, wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt sind.
Rüdiger Rauls ist Buchautor und betreibt den Blog Politische Analyse.