Von Geworg Mirsajan
Am 4. August 2025 erklärte das russische Außenministerium offiziell das Ende des INF-Vertrages, der die Stationierung von Raketen kurzer und mittlerer Reichweite untersagte. Dieser Vertrag war ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Stabilität am Ende des Kalten Krieges.
Der Hauptzweck des Vertrags bestand darin, die Stationierung bestimmter Raketenklassen durch die USA und die UdSSR bzw. Russland zu verbieten, wodurch beide Seiten auf Langstreckenraketen beschränkt waren. Diese Raketen benötigen eine längere Flugzeit, wodurch genügend Zeit bleibt, um einen möglichen Atomangriff zu verifizieren und darauf zu reagieren. Dadurch wurde das Risiko eines irrtümlich ausgelösten Atomkrieges minimiert.
Die Abwesenheit dieser Raketen in Europa bedeutete auch, dass Europa nicht das initiale Ziel eines Atomangriffs wäre, im Falle einer Stationierung amerikanischer Kurz- und Mittelstreckenraketen auf dem Kontinent. Solche Anlagen hätten bei einem Konflikt russische Gegenangriffe provoziert, was das Überleben Europas gefährdet hätte.
Russland hielt bis zuletzt an diesem Abkommen fest. Auch nach der offiziellen Beendigung des INF-Vertrages durch die Trump-Administration im Jahr 2019, legte Moskau ein freiwilliges, einseitiges Moratorium zum Verzicht der Stationierung solcher Waffensysteme vor. Trotz der feindseligen Haltung des Westens und amerikanischen Tests entsprechender Raketen, hielt Russland daran fest.
Das russische Außenministerium äußerte sich folgendermaßen:
“Von russischer Seite wurde wiederholt ein gegenseitiges Moratorium für die Stationierung der durch den INF-Vertrag verbotenen Waffensysteme vorgeschlagen. Zudem wurde an die Verbündeten der USA im asiatisch-pazifischen Raum appelliert, uns in der Verhinderung eines Wettrüstens zu unterstützen.”
Dieser Vorschlag fand jedoch kein Gehör, woraufhin Russland erklärte, sich nicht länger an die selbstauferlegten Beschränkungen gebunden zu fühlen.
Warum kommt diese Erklärung jetzt, obwohl die Umstände schon lange bekannt waren? Offensichtlich gab es drei Hauptgründe für Moskaus Entscheidung. Erstens hat Russland begonnen, selber INF-Raketen, wie die neue “Oreschnik”-Rakete, zu stationieren. Zweitens soll damit Druck auf die USA ausgeübt werden, insbesondere auf Donald Trump, der bisher keine vorzeigbaren Verhandlungen mit Russland führen konnte. Drittens reagiert Moskau auf die zunehmende militärische Haltung der EU, die sich stärker auf eine langfristige militärische Konfrontation mit Russland vorbereitet.
Das Ende des INF-Vertrages könnte dazu führen, dass die USA und Europäer gemeinsam mit Russland neue Verträge aushandeln müssen. Diese Verhandlungen sollten auch andere Mittelstreckenwaffensysteme einbeziehen, wie etwa UAVs, die ähnliche Bedrohungen darstellen können.
&Ubersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien erstmals am 5. August 2025 auf der Homepage der Zeitung “Wsgljad”.
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