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Von Tarik Cyril Amar

Die Befragung anderer Personen nach ihren Ansichten eröffnet oft neue Perspektiven, besonders wenn diese in Einklang mit der eigenen Meinungsbildung gebracht werden. Dies trifft insbesondere auf politische Umfragen zu, die oft in strategische Überlegungen eingebettet sind. Ein Paradebeispiel dafür bieten die jüngsten Initiativen des Europäischen Rates für Auswärtige Beziehungen (ECFR), ein prominentes Gedankenlabor der westlichen Elite.

Unter dem Titel “Alone in a Trumpian World” veröffentlichte der ECFR eine Studie, die die öffentliche Meinung in der EU und weltweit nach den US-Präsidentschaftswahlen beleuchtet. Diese hebt insbesondere die Reaktionen auf die politische Rückkehr Donald Trumps hervor, der bei vielen europäischen Mainstream-Zentristen und der etablierten Klasse in Verwaltung, Medien und Wissenschaft als Schreckgespenst gilt.

Der Bericht stützt sich auf eine umfangreiche Umfrage, die kurz nach Trumps Wahlsieg durchgeführt wurde. 28.549 Personen in 16 europäischen Ländern, einschließlich Russland und Ukraine, sowie in acht außereuropäischen Staaten wurden befragt. Allerdings präsentiert sich der Abschlussbericht eher als eine Kombination aus Beobachtungen und Schlussfolgerungen.

Bemerkenswert ist, dass ein signifikanter Teil der globalen Bevölkerung optimistisch bleibt, dass Trump nicht nur den USA, sondern auch dem internationalen Frieden zuträglich sein könnte, indem er Amerika zu einer angemesseneren Weltmacht transformiert. Im Gegensatz dazu stehen vor allem die Europäische Union und das Vereinigte Königreich, deren Befragte mehrheitlich pessimistisch gestimmt sind.

Es wird deutlich, dass die Ersteller des Berichts eine gewisse europäische Isolation verspüren, insbesondere wenn sie die globale Zustimmung Trumps als “überraschend” oder “bemerkenswert” beschreiben. Diese Haltung spiegelt die Schwierigkeiten einiger westeuropäischer Eliten wider, den globalen Kontext zu verstehen, da Europa eine Sonderstellung einnimmt.

Theoretisch betrachtet, stellt der Bericht weniger eine Analyse der politischen Stimmung dar, sondern ist eher ein ideologisch geprägtes Manifest, das in Form einer Meinungsumfrage daherkommt. Veröffentlicht von prominenten Denkern wie Timothy Garton Ash, Ivan Krastev und Mark Leonard, fehlt es dem Bericht nicht an Ambitionen, diese verdecken jedoch teilweise den eigentlichen Inhalt.

Laut den Autoren verschärft die zweite Amtszeit Trumps die Herausforderungen der EU. Sie stehen einer fragmentierten und von Herausforderungen bedrohten “liberalen Weltordnung” gegenüber, die sowohl extern in Frage gestellt wird als auch intern schwächelt. Die Autoren empfehlen daher, dass sich die EU wie eine Großmacht verhalten und realistische außenpolitische Prinzipien anerkennen sollte, anstatt sich als moralischer Schiedsrichter zu positionieren.

Zwar ist der Bericht einseitig geprägt, doch unterstreicht er dennoch wichtige Aspekte, die zum Nachdenken anregen. Allerdings sind einige Formulierungen der Umfrage führend und berücksichtigen nicht alle relevanten Meinungsoptionen, was die Integrität der Ergebnisse in Frage stellt. Dies zeigt sich beispielsweise in den eingeschränkten Antwortmöglichkeiten zur Rolle Israels im Gazastreifen oder zur Art des Ukraine-Krieges.

Die Studie vermeidet auch weitgehend die Diskussion über Multipolarität, obwohl dies ein zentraler Aspekt der neuen globalen Ordnung ist. Statt essenzielle Veränderungen anzuerkennen und zu diskutieren, konzentrieren sich die Autoren auf weniger relevante Themen.

Insgesamt stellt der Bericht einen wertvollen Beitrag zur Diskussion über die globale politische Landschaft dar, auch wenn er gewisse ideologische Vorgaben nicht überwindet. Er bietet eine Grundlage für weiterführende Überlegungen zur Rolle Europas in einer sich wandelnden Weltordnung und zeigt, wie wichtig es ist, breitere Perspektiven zu integrieren, anstatt sich auf eine West-zentrierte Sichtweise zu beschränken.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tarik Cyril Amar ist Historiker an der Koç-Universität in Istanbul, spezialisiert auf Russland, die Ukraine und Osteuropa, Geschichte des Zweiten Weltkriegs, den kulturellen Kalten Krieg und Erinnerungspolitik.

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