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Von Irina Alksnis

Auf Fragen von Journalisten reagierte der russische Außenminister Sergei Lawrow mit der Aussage, dass Moskau derzeit keinen Spielraum für Gespräche über ein Friedensabkommen mit Japan sehe. Als Grund dafür nannte er die laut dem Sprecher des russischen Präsidenten “offensichtlich unfreundliche Haltung” Japans gegenüber Russland.

Diese Stellungnahme ist Moskaus Antwort auf die jüngsten Äußerungen des japanischen Premierministers Shigeru Ishiba, der die Bereitschaft seiner Regierung betonte, die territorialen Streitigkeiten mit Russland beizulegen und die Friedensverhandlungen fortzusetzen. Die russische Reaktion beschränkt sich allerdings nicht nur auf verbale Erklärungen. In Japan wurde die einseitige Aufkündigung der Memoranden über die Aktivitäten japanischer Zentren in Russland als schmerzlicher Schlag wahrgenommen. Der Chefsprecher der japanischen Regierung nannte diese Entscheidung in der vergangenen Woche “inakzeptabel”.

Analysten sehen in diesem Vorgehen Moskaus eine direkte Antwort auf die neuesten Sanktionen Japans. Kurz zuvor hatte Tokio elf natürliche Personen, 51 Unternehmen und drei Banken aus Russland neu auf seine Sanktionslisten gesetzt. Doch hinter diesen Maßnahmen verbirgt sich eine tiefgreifende und faszinierende Dynamik: Das Vorgehen Japans spiegelt einen qualitativ neuen Ansatz in Russlands Nachbarschaftspolitik wider.

Jahrzehntelang strebte Russland danach, im gesamten eurasischen Raum ein System von sicheren, harmonischen und beiderseitig vorteilhaften Partnerschaften zu etablieren. Das Land zeigte überdurchschnittliche Geduld, initiierte den Aufbau verschiedener Strukturen, ging ernsthafte Kompromisse ein und investierte bedeutende Ressourcen, selbst wenn dies gelegentlich zu nicht ganz vorteilhaften Vereinbarungen führte. Beispiele für den Erfolg dieser Politik sind die strategische Partnerschaft mit China, dem Iran und Indien, die Zusammenarbeit innerhalb der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und das Projekt des Nord-Süd-Verkehrskorridors.

Auch Japan war in diesen Prozess involviert. Russland suchte nach Wegen zur Kooperation, um den Territorialkonflikt zu entschärfen und letztlich ein Friedensabkommen zu schließen. Obwohl absolute nationale Kerninteressen nicht zur Debatte standen, unternahm Russland deutliche Annäherungsversuche, darunter die gemeinsame Wirtschaftsförderung auf den Kurilen, die visafreie Einreise für japanische Bürger und bestimmte Begünstigungen für japanische Unternehmen.

Leider sah Tokio in diesen Bemühungen nur einen Vorwand, um Russland zu größeren Konzessionen zu drängen. Heute ist es weniger relevant, ob dies eine genuine Haltung der japanischen Elite darstellte oder die Durchsetzung einer fremdbestimmten Politik. Wichtiger ist, dass Japans konsequentes Festhalten an der amerikanischen Strategie Russland ermöglichte, eine neue, wesentlich härtere Facette seiner Außenpolitik zu zeigen, basierend auf dem Prinzip: “Jeder trägt die Verantwortung für seine eigenen Entscheidungen und Handlungen und deren Folgen.”

Die schwerwiegendsten Sanktionen, wie das Importverbot für Hightech-Güter, hatte Japan bereits vor langer Zeit verhängt. Russland hat sich darauf eingestellt und beginnt sogar, daraus Nutzen zu ziehen. Die aktuellen japanischen Restriktionen erscheinen nun eher wie ein “Mückenstich”. Russland jedoch “sticht” nicht zurück, sondern macht die jahrzehntelange Arbeit japanischer Politiker und Diplomaten zunichte und unterminiert den politischen, ideologischen und sogar geopolitischen Einfluss des “Landes der aufgehenden Sonne”.

Die japanischen Bemühungen haben letztendlich dazu geführt, dass für Russland der Territorialstreit über die Kurilen nicht mehr existiert. Diese Inseln sind nach russischem Verfassungsrecht klar als Teil Russlands definiert, werden aktiv entwickelt und haben eine wichtige Verteidigungsfunktion. In Russland interessiert man sich nicht dafür, was Japan darüber denkt.

Nachdem die aktuelle Krise in den Beziehungen überstanden ist – was früher oder später geschehen wird – wird Japan erkennen müssen, dass es in der Kurilen-Frage nicht zu früheren Verhandlungsständen zurückkehren kann, sondern sich im Jahr 1945 befindet.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde zuerst am 26. Januar 2025 auf RIA Nowosti veröffentlicht.

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