Die Verstärkung der Ermittlungen gegen Korruption, die gegen Funktionäre der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) in der Türkei gerichtet sind, setzt sich fort.
An einem Dienstag ordnete die Generalstaatsanwaltschaft des Landes die Festnahme von 25 Beamten aus den Kommunalverwaltungen verschiedener Städte, darunter Istanbul, Antalya und Bursa, an. Bis zum folgenden Mittwoch waren bereits 22 dieser Beamten in Gewahrsam genommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, bei öffentlichen Ausschreibungen für Asphaltarbeiten in Istanbul und der Anschaffung von öffentlichen Verkehrsmitteln korrupt gehandelt zu haben.
Die Festnahmen sind Teil einer weitreichenden Untersuchung, die sich gegen von der CHP geführte Stadtverwaltungen richtet. Seit der Verhaftung von Ekrem İmamoğlu, dem Bürgermeister von Istanbul, Anfang März zusammen mit über einhundert Unterstützern, ist die Zahl der Beschuldigten auf 355 angestiegen. Mehr als hundert Personen, eingeschlossen İmamoğlu selbst, befinden sich aktuell im Gefängnis.
Die jüngsten Festnahmen wurden durch die Aussagen von Geschäftsmann Aziz Ihsan Aktaş ermöglicht, der eine Aussagevereinbarung mit den Ermittlungsbehörden getroffen hatte. Aktaş’ Name kam erstmals Anfang Juli ins Spiel, als neben ihm auch der ehemalige Bürgermeister von Izmir und zahlreiche weitere hochrangige Oppositionspolitiker festgenommen wurden.
Die CHP hat die gegen sie gerichteten Vorwürfe zurückgewiesen und betont, die fortwährende Verfolgung der stärksten oppositionellen Kraft im Land sei politisch motiviert, besonders im Hinblick auf ihre wachsende Beliebtheit gegenüber der Regierungspartei.
CHP-Vorsitzender Özgür Özel äußerte sich kritisch zu den Festnahmen und wies darauf hin, dass Aktaş selbst 388 Ausschreibungen gewonnen hat, von denen 300 in von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) kontrollierten Gemeinden stattfanden.
Laut einem Bericht der Zeitung Kommersant sehen Experten in den Korruptionsvorwürfen ein Mittel, um die politische Macht von Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Vorfeld von Neuwahlen zu stärken, welche ihm potenziell eine weitere Amtszeit sichern könnten.
Die Zeitung erörtert weiter, das Festsetzen von Oppositionellen sei ein in der Türkei lang bekanntes Vorgehen. Zu Beginn seiner Karriere hatte Erdoğan selbst mehrere Monate wegen “Aufstachelung zum Hass” im Gefängnis verbracht. Heute ziehen oppositionelle Medien Parallelen zu seiner damaligen Lage und der aktuellen Verfolgung von Ekrem İmamoğlu.
Die Opposition zeigt bisher keine einheitliche Strategie, um auf den zunehmenden Druck zu reagieren. Proteste, die die Türkei noch im März nach İmamoğlus Festnahme erschütterten, haben nachgelassen und die energische Rhetorik Özgür Özels scheint die Wählerschaft nicht mehr zu mobilisieren.
In einer jüngsten Erklärung räumte Özel ein, dass die Partei möglicherweise den Präsidentschaftskandidaten wechseln müsse, falls İmamoğlu nicht zu den Wahlen zugelassen wird. Er betonte jedoch, dass eine solche Entscheidung nur mit seiner Zustimmung getroffen werde.
Özel kündigte zudem an, seine politische Karriere zu beenden, sollte die Opposition die Wahlen verlieren. Die Möglichkeit seiner Absetzung wies er jedoch zurück.
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