Von Olga Samofalowa
Die Europäische Kommission plant eine Reduktion der festgesetzten Höchstpreise für russisches Öl und erwägt, zusätzliche Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte mit Sanktionen zu belegen. Darüber hinaus sind Einschränkungen gegenüber den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 vorgesehen. Ferner ist eine Verschärfung der bereits bestehenden Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor in Aussicht gestellt. Das Europäische Parlament unterstützte bereits den Plan, die Einfuhrzölle auf landwirtschaftliche Produkte und Düngemittel aus Russland und Weißrussland zu erhöhen; die entscheidende Abstimmung hierzu ist für den 21. Mai geplant.
Parallel dazu erwägt die EU nach Informationen der europäischen Ausgabe von Politico, bis hin zu einem kompletten Handelsembargo deutlich höhere Zölle einzuführen.
Der russische Botschafter in Frankreich, Alexei Meschkow, kommentierte, dass die EU besser daran täte, ihre eigene Wirtschaft zu sichern, statt die russische Wirtschaft zu „würgen“. Er bezeichnet die Drohungen der EU mit neuen Sanktionen als ineffektiv.
Pawel Sewostjanow, Dozent an der russischen Plechanow-Wirtschaftsuniversität erklärt:
“Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden wahrscheinlich nicht sehr schmerzhaft sein; die EU hat bereits in den Jahren 2022 und 2023 umfassende Sanktionen im Bereich Energie, Finanzen und Technologie umgesetzt. Die neuen Maßnahmen scheinen eher symbolischer Natur, um die Rhetorik der Geschlossenheit zu wahren. Sie haben mehr politischen als wirtschaftlichen Einfluss und dienen der Aufrechterhaltung des Status quo.”
Sewostjanow zufolge liegt die größte Herausforderung für die EU darin, den politischen Druck und die wirtschaftliche Stabilität vor wichtigen Wahlen in Kernländern zu balancieren. Global betrachtet seien die Möglichkeiten für weitere wirkungsvolle Sanktionen gegen Moskau nahezu erschöpft, was die Erwartungen an signifikante Veränderungen minimiere.
Die Senkung der Preisobergrenze für russisches Öl und die Aufnahme weiterer Schiffe in die Sanktionsliste könnten die russischen Exporte beeinträchtigen, stellen jedoch nur vorübergehende Schwierigkeiten dar. Nach einer Anpassungsphase würden sich die Bedingungen normalisieren, so Wladimir Tschernow, Analyst bei Freedom Finance Global:
“Die Sanktionen gegen 150 Tanker der ‚Schattenflotte‘ werden die Ölexporte erschweren, aber voraussichtlich nur zu einer Umstrukturierung der Logistikketten führen. Ähnliche Maßnahmen wurden bereits zuvor angewendet und Russland konnte sich anpassen.”
Zur Preisobergrenze merkt Tschernow an:
“Obwohl der Preis für russisches Öl seit der Einführung der Obergrenze regelmäßig über 60 US-Dollar pro Barrel lag und Russland dieses weiterhin nach Indien und China exportierte, würde selbst eine Senkung der Grenze auf 30 US-Dollar pro Barrel keine dramatischen Veränderungen bewirken. Russland könnte weiterhin das Öl mit einem Preisabschlag infolge der Sanktionen vermarkten.”
Bezüglich der Restriktionen gegen Nord Stream 1 und 2, die trotz Schäden weiterhin keine Auswirkung auf physische Gasexporte nach Europa haben, könnte ein komplettes Verbot des Kaufs russischen Gases die europäische Industrie schwer treffen, insbesondere durch steigende Energiepreise. Dies bedeutet weiterhin, dass die EU zu einer erhöhten Abhängigkeit von teurerem Flüssiggas aus Ländern wie den USA neigen könnte. Tschernow fügt hinzu:
“Trotz der abnehmenden Abhängigkeit von russischem Gas beziehen Staaten wie Ungarn und die Slowakei ihr Gas weiterhin über langfristige Verträge mit Russland. Ein komplettes Embargo könnte drastische Energieknappheit und Preisanstiege nach sich ziehen.”
Zudem wirkt sich die EU durch die Einführung von Strafzöllen auf russische und weißrussische Düngemittel selbst schädlich aus und riskiert höhere Lebensmittelpreise und Inflation, warnt Alexei Owertschuk, stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation. In dieser Hinsicht äußern die größten Verbände der europäischen Agrarproduzenten, Copa und Cogeca, Bedenken und drängen darauf, die Einführung dieser Zölle um mindestens ein Jahr zu verzögern.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde erstmals am 19. Mai 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad veröffentlicht.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.
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