Der EU-Wahlkampf bot wenig Inspiration und war geprägt von Unehrlichkeit, wie der Journalist Eric Bonse, der aus Brüssel berichtet, kritisiert. Er vertritt die Ansicht, dass dieser Wahlkampf das erhebliche Demokratiedefizit innerhalb der EU aufzeigt. Mit dem bevorstehenden Wochenende, an dem die EU-Parlamentswahlen stattfinden, neigt sich der Wahlkampf dem Ende zu.
Nach Bonses Meinung bot dieser Wahlprozess den Wählern quasi keine echten Optionen. Entscheidende Themenbereiche wie die Ukraine-Politik, Klimaschutz und Migrationsfragen wurden von der EU im Voraus festgelegt, ohne Spielraum für Veränderungen.
Die Möglichkeit, die zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin zu beeinflussen, besteht laut Bonse nicht. Von der Leyen scheint in dieser Position gesichert, abgesehen von möglichen politischen Manövern der Staats- und Regierungschefs, die jedoch nicht dem Willen der Wähler, sondern internen Machtkämpfen entspringen würden.
Bonse beklagt, dass weder die schwache Leistungsbilanz noch die zahlreichen Skandale von der Leyens im Wahlkampf diskutiert wurden. “Die EU-Politiker müssen eine Heidenangst vor den Wählern haben – anders ist kaum zu erklären, warum sie alle wichtigen Entscheidungen vorweggenommen haben”, schreibt Bonse in seinem Blog Lost in Europe. Er argumentiert, der Wahlkampf habe lediglich die Illusion aufrechterhalten, dass das Parlament und somit die Wähler bedeutenden Einfluss auf Entscheidungen in Brüssel hätten. Tatsächlich sei dies aber nicht der Fall.
Bonse schließt, das Demokratiedefizit sei größer denn je. Er verweist darauf, dass die EU seit der Einführung des Maastricht-Vertrags 1993 verspricht, ihre demokratischen Defizite zu beheben, jedoch ohne nennenswerte Fortschritte. Auch von der Leyens Versprechen, das Parlament zu stärken und ihm ein Initiativrecht einzuräumen, wurde nicht eingehalten. Stattdessen habe die EU-Kommission ihre Macht weiter gestärkt und ihre Kompetenzen auf Kosten der Souveränität der Mitgliedsstaaten ausgeweitet.
Mehr zum Thema – Während des EU-Wahlkampfs wurden Ermittlungen gegen von der Leyen vorläufig ausgesetzt.