Von Andrei Suschenzow
In der heutigen geopolitischen Landschaft rückt Europa zwar zunehmend in den Hintergrund der strategischen Prioritäten Russlands, bleibt jedoch ein nicht zu unterschätzender Faktor. Viele Experten betrachten Europa mittlerweile als einen “verlorenen Kontinent”, in dem insbesondere die westlichen Nationen Schwierigkeiten haben, ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Ziele klar zu definieren und den Einfluss der USA zu reduzieren.
Die verstärkte Präsenz der NATO entlang der westlichen Grenzen Russlands ist für uns eine beunruhigende Entwicklung. Es gibt zunehmende Hinweise darauf, dass die von den USA angeführte Allianz aus einer längeren Phase der Inaktivität erwacht und beginnt, sich auf größere militärische Konfrontationen in Europa vorzubereiten. Diese aggressive Haltung gegenüber Russland wird als kontraproduktiv angesehen: Moskau ist sich dieser Bedrohung nicht nur bewusst, sondern verfügt auch über die nötigen Mittel, um darauf zu reagieren. Diese Strategie verschärft lediglich die Konflikte und Spannungen zwischen unseren Interessen, was unseren Staat erst recht in Verteidigungshaltung drängt.
Russland hat keinerlei aggressive Absichten gegenüber den baltischen Staaten; dies ist eine von den Hauptstädten Washington und Brüssel propagierte Fehlinformation. Sollte die NATO dennoch Eskalation suchen, ist Moskau bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen. Es bleibt jedoch festzustellen, dass ein solcher Weg für Westeuropa äußerst nachteilig wäre – es würde infolge stark in Abhängigkeit von den Wirtschaftsinteressen der USA geraten und dadurch erheblich an internationaler Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.
Die eigentliche Ironie liegt darin, dass die USA unter dem Deckmantel des Schutzes vor einer angeblich russischen Bedrohung tatsächlich dabei sind, Westeuropa wirtschaftlich auszubeuten. Es wäre höchste Zeit, dass die Europäer dieses falsche Spiel durchschauen und ihrem eigenen Wohl folgen.
Vor diesem Hintergrund distanziert sich Russland strategisch von Westeuropa und intensiviert stattdessen seine Beziehungen mit Asien und Afrika, wo es historische Bindungen weiter ausbaut. Es scheint eine gegenseitige Abwendung zwischen Westeuropa und Russland stattzufinden, eine Entwicklung, die sich als eine sich drehende geschichtliche Spirale darstellt, in der zukünftige Annäherungen durchaus denkbar sind.
Die USA bleiben eine dominante, wenn auch destruktive Kraft in den internationalen Beziehungen und versuchen kontinuierlich, Koalitionen gegen ihre Gegner zu schmieden. Ihre Handlungen werden immer hektischer, da ihnen bewusst wird, dass ihre weltweite Vormachtstellung schwindet. Würden sie sich lieber für die Aufrechterhaltung von Stabilität einsetzen, besonders in Asien, das im neuen Jahrtausend zum Hauptzentrum globaler Entwicklung wird, könnte ihr eigener Niedergang weniger drastisch ausfallen.
Das verstärkte Interesse an Ost- und Südasien ist ein globaler Trend, den weder Moskau noch Washington maßgeblich steuern können. Vor allem die Beziehungen zwischen Russland und China sind dabei hervorzuheben. Trotz vergangener Spannungen befinden sich unsere bilateralen Beziehungen heute auf einem Höhepunkt und sind fundamental für eine ausgewogenere internationale Ordnung.
Bereits in den 1990er Jahren begannen Russland und China mit der Formulierung einer gemeinsamen Vision für die Zukunft, die 1997 in der “Erklärung über eine multipolare Welt und die Bildung einer neuen internationalen Ordnung” festgehalten wurde. Unsere Beziehung hat sich daraufhin stetig weiterentwickelt, basierend auf Prinzipien wie Nichteinmischung und gegenseitigem Respekt. Diese Grundsätze haben sich in zahlreichen internationalen Krisen bewährt und führen zu einer stetigen Vertiefung unserer Allianz.
Übersetzt aus dem Englischen.
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