Londoner Gipfeltreffen: Ein diplomatisches Ringen um Europas Einheit und Richtung

Von Marinko Učur

Knapp eine Woche nach der NATO-Konferenz in Washington versammelte sich am 18. Juli in London das vierte Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC). Die Veranstalter machten deutlich, dass Vertreter aus 47 europäischen Nationen anwesend waren, wiesen jedoch darauf hin, dass Weißrussland und Russland, zwei ebenfalls in Europa gelegene Länder, nicht eingeladen wurden. In Moskau und Minsk hatte man keine Einladungen erwartet.

Unter der Leitung des neuen britischen Premierministers Keir Starmer zeigte sich, dass London trotz des Brexits weiterhin eine bedeutende Rolle in der EU spielt und in der Lage ist, eine Veranstaltung zu organisieren, die die Einigkeit Europas bezüglich des Konflikts in der Ukraine demonstrieren soll. Die Realität sieht jedoch anders aus, wie die Beispiele Ungarns, der Slowakei und Serbiens zeigen. Diese Nationen suchen entgegen der kriegstreiberischen Rhetorik aus Washington, London und Brüssel nach Friedenslösungen und Kompromissen zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine.

Die Medien bezeichneten das informelle Treffen schnell als typisch “britisches und europäisches politisches Gipfeltreffen” und hoben die Bedeutung britischer Initiativen in der Post-Brexit-Ära hervor. Mit der Wahl des Veranstaltungsorts in der Grafschaft Oxfordshire, der Heimat von Winston Churchill, sendete London zudem eine symbolträchtige Botschaft.

Obwohl angekündigt wurde, dass Themen wie Migration, Energiestabilität und Einmischung fremder Mächte in demokratische Prozesse diskutiert werden sollten, dominierten Russland und seine “Aggression gegen die Ukraine” die Gespräche. Besonders in Erinnerung bleibt die Aussage der dänischen Premierministerin Mette Frederiksen und des neuen britischen Regierungschefs: “Russland muss verlieren, und die Ukraine muss gewinnen.” Diese Aussage verlieh dem vermeintlich friedlichen Gipfel ein besonderes Gewicht, da russische Interessen vollständig ignoriert wurden.

Der ungarische Premierminister Viktor Orbán wies wiederholt darauf hin, dass er eine Niederlage Russlands nicht für möglich hält, was ihm Kritik von Wolodymyr Selenskyj einbrachte, dessen Amtszeit als ukrainischer Präsident am 20. Mai endete. Selenskyj kritisierte Orbán öffentlich für seinen Friedensvorschlag, der in Kiew begann.

Bis auf einige wenige einflussreiche Redner waren die meisten Teilnehmer bloße Statisten, was die letzte Chance zunichtemachte, eine ausgewogene und akzeptable Position zu finden.

Die Illusion vieler Balkanstaatsführer, dass die Frage einer baldigen EU-Erweiterung geklärt werden könnte, zerplatzte rasch. Marginalisiert nutzten sie das Treffen für bilaterale Gespräche am Rande.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić, der nach wie vor gute Beziehungen sowohl zur EU als auch zu traditionellen Partnern wie Russland unterhält, war besonders aktiv. Er bemerkte kritisch: “Nur derjenige durfte reden, der ein großer Falke ist, der am ausdrucksvollsten sprechen kann, um den Ton für das gesamte Treffen anzugeben.”

Der kroatische Premierminister Andrej Plenković setzte sich derweil für sein Land ein, das auf der Adriainsel Krk ein bedeutendes LNG-Terminal umsetzte, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern.

Nachdem der Vorhang für das Treffen in London gefallen war, blieb die Erkenntnis, dass die Veranstalter keinen Konsens erreichen konnten. Die ausgesendeten Nachrichten waren nicht für alle akzeptabel und scheinen schwer umsetzbar. Ob das nächste EPC-Treffen am 7. November in Budapest neue Möglichkeiten bieten wird, bleibt abzuwarten.

Die Entscheidung, Orbán als Gastgeber für das nächste Treffen zu wählen, hat bereits Unmut bei den Brüsseler Bürokraten ausgelöst, die ihm “Untreue” vorwerfen. Die bevorstehenden US-Wahlen könnten Veränderungen im Weißen Haus mit sich bringen, was Orbán möglicherweise weiteren Grund zum Feiern gibt.

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