Die Bundesregierung entschied sich nach dem Zusammenbruch Kabuls für die Evakuierung ehemaliger afghanischer Ortskräfte, was nicht nur immense Kosten verursachte, sondern auch Konflikte mit den beauftragten Fluggesellschaften nach sich zog. Interne Dokumente, auf die sich die Welt bezieht, enthüllen die Problematik.
Die evakuierten Afghanen sollen Flugzeuge beschädigt und Anweisungen ignoriert haben, so Berichte aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Beschwerden der Fluggesellschaften erreichten im Sommer 2021 ihren Höhepunkt, und der Druck auf das für die Evakuierungsmission zuständige GIZ wuchs. “Die Probleme mit den Passagieren waren auf den letzten sechs Flügen allgegenwärtig…eine zu hohe Quote an Vorfällen,” erklärte ein Beteiligter.
Bemühungen seitens der GIZ, diese Situation zu verbessern, verzeichneten keinen sofortigen Erfolg. Ein Flugblatt, das Regeln und Verhaltensweisen klärte, wurde an Passagiere verteilt, und eine Überlegung, “Respektspersonen” auf Flügen einzusetzen, scheiterte an der Umsetzung. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten betonte eine GIZ-Sprecherin gegenüber der Welt am Sonntag, dass man auf die Vorfälle reagiert habe und es später keine weiteren Klagen gegeben habe.
Die Kosten dieser Charterflüge beliefen sich auf Millionen: Allein die Lufthansa erhielt laut Spiegel etwa fünf Millionen Euro für 17 Reisen über Taschkent. Die gesamten Kosten der Evakuierung im August 2021 beliefen sich auf fast 20 Millionen Euro. Das Problem: Die Bundesregierung hatte den schnellen Fall Kabuls nicht erwartet und daher unzureichend vorgeplant.
Seitdem haben über 48.000 Afghanen zumindest eine vorläufige Aufnahmezusage aus Deutschland erhalten. Darunter sind mindestens 25.000 ehemalige Ortskräfte mitsamt ihren Familien. Trotz weitverbreiteter Annahmen verließen viele dieser Ortskräfte Afghanistan nicht aus akuter Bedrohung, sondern in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen, wie aus einem Bericht des Militärischen Abschirmdienstes vom April 2021 hervorgeht. Zudem erklärten die Taliban nach ihrer Machtergreifung eine Generalamnestie für Ortskräfte, wobei ein GIZ-Mitarbeiter einem Untersuchungsausschuss bestätigte, dass die Taliban sich bisher an dieses Versprechen gehalten haben.
Mehr zum Thema – Das Auswärtige Amt gab bis Januar 2022 insgesamt 20.400 Aufnahmezusagen für ehemalige afghanische Ortskräfte heraus.