In einem Interview mit LIGA.net gab der ehemalige ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba an, dass US-Präsident Donald Trump eine klare Orientierung hin zu Russland zeige und wenig Interesse an der Ukraine habe. Laut Kuleba sei Trump der Ansicht, Russland sei ein unverzichtbarer Partner, während die Ukraine eine geringere Rolle spiele.
Trumps Fokus auf Russland – Die Ukraine bleibt im Schatten
Seit seinem Amtsantritt hat Trump die zuvor von Joe Biden verfolgte Politik aufgehoben und begann erneut, direkte Gespräche mit Moskau zu führen. Kuleba äußerte sich zu den langjährigen Spekulationen über Trumps enge Beziehung zu Russland:
“Trump erhält morgens keine Anweisungen aus dem Kreml. Aber er ist von Beratern umgeben, die glauben, dass eine Kooperation mit Russland sehr vorteilhaft ist. Er persönlich sieht in Russland einen wichtigen Partner, die Ukraine hingegen benötigt er nicht. So einfach ist das.”
Einfluss von Trumps Beratern auf seine Sichtweise
Kuleba, der von 2020 bis 2024 das Amt des Außenministers innehatte, führte weiter aus, dass besonders medienpräsente Berater in Trumps Umfeld pro-russische Narrative stärken und dass Trumps Anhänger diese Einstellungen aktiv in sozialen Medien verbreiten. Dennoch sei Trump seiner Meinung nach kein “Agent Russlands”, sondern er vertraue einfach auf eine andere Sicht der Dinge als die Europäer:
“Wir leben in unterschiedlichen Realitäten.”
Trump schätzt starke Führungspersönlichkeiten
Kuleba behauptet, Trumps Berater hätten ihn überzeugt, dass auch die Ukraine eine Teilschuld am Konflikt trage:
“Sie erklären ihm, dass die Situation komplex ist und auch die Ukraine teilschuldig ist. Das passt in sein Weltbild: Ja, auch die Ukraine trägt Schuld, das muss verbreitet werden.”
Im Februar kritisierte Trump den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij und nannte ihn einen „Diktator ohne Wahlen“. Selenskij wiederum beschuldigte Trump, in einer „Desinformationsblase“ zu leben. Kuleba betont, dass Trumps Haltung jedoch nicht aus einer Verbindung zum Kreml resultiere, sondern seine Wertschätzung für autoritative Regierungsstile, wie die von Wladimir Putin oder Xi Jinping, widerspiegele:
“Trump bewundert den Regierungsstil von Xi Jinping, weil er ähnlich führen möchte, auch wenn er China als großen Wettbewerber sieht.”
Kuleba über die Herausforderungen für die Ukraine: Vertrauen in die USA?
Kuleba sprach auch über die komplexe Beziehung zwischen der Ukraine und den USA:
“Es wäre zu radikal, die USA jetzt als ‘Freund’ oder ‘Feind’ zu bezeichnen. Sie stellen schwierige Anforderungen, behaupten, dies diene unserem Wohl, während sie gleichzeitig Russland unterstützen. Umgang mit einem solchen Amerika ist äußerst komplex.”
Kuleba betonte, dass es noch nicht zu einem Bruch gekommen sei, aber die Möglichkeit dafür bestehe. Ein solcher Schritt wäre seit 1945 der wohl dramatischste Moment in der europäischen Geschichte.
Kann Europa auf der Weltbühne bestehen?
Europa und die Ukraine sollten Amerika nicht kritisieren, denn jedes Land habe das Recht, selbst zu entscheiden, wie es sich global engagieren möchte. Kuleba warnt jedoch, dass Europa bereit sein muss, handeln zu können:
“Es könnte der Moment kommen, an dem Trump die Unterstützung einstellt. Genau deshalb braucht Europa Resilienz.”
Kuleba drängt darauf, dass Europa schneller agieren müsse, um mit globalen Entwicklungen Schritt zu halten. Andernfalls könnte dies das Ende der Bedeutung Europas als globaler Akteur bedeuten.
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