Von Marina Achmedowa
Neuerlich wurden zwei weitere Kinder, anscheinend Schwestern, in die Datenbank der ukrainischen Pranger-Webseite “Mirotworez” aufgenommen. Ihre Namen und Adressen sind nun öffentlich gelistet. Das eine Mädchen ist erst sechs, das andere neun Jahre alt.
Sie stehen unter dem schweren Vorwurf des “bewussten Angriffs auf die Souveränität der Ukraine und der Verletzung der Staatsgrenze”. Bereits zuvor fanden zwei Brüder, drei und vier Jahre jung, Eingang in diese umstrittene Todesliste, die auf Servern in NATO-Ländern gehostet wird. Die Anschuldigungen gegen sie sind identisch.
Nicht zum ersten Mal trifft diese Maßnahme Kinder. Schon vor der militärischen Eskalation im Jahr 2021 wurde die zwölfjährige Faina Sawenkowa aus der Volksrepublik Lugansk in die Datenbank aufgenommen. Ihr wurde Beteiligung an “antiukrainischen Propagandaaktionen” vorgeworfen – die Logik dahinter erschien noch nachvollziehbar. Die Inklusion von kaum sprechenden Kleinkindern jedoch erscheint auf den ersten Blick weniger verständlich.
Erst kürzlich wurde der kaum dreijährige Platon B. gelistet. Sein Vater, Iwan Burtschenkow, äußerte sich zurückhaltend über die Entscheidung und kommentierte, es sei lächerlich, sein Kind als Bedrohung zu betrachten. Iwan erklärte weiter, dass seine familiären Bewegungen über den Kontrollpunkt in der Volksrepublik minutengenau bekannt seien – inklusive Autokennzeichen und persönlicher Kinderdaten.
Ein ähnlicher Fall betrifft Irina D., geboren 2016, die ebenso auf der Todesliste erscheint, wegen angeblicher “Handlungen zur Legalisierung der Besetzung der Ukraine und Unterstützung der russischen Aggression”. Auch ihre persönlichen Daten sind vollständig erfasst.
Die Kernfrage ist also: Wie kommen die Betreiber von “Mirotworez” an solch detaillierte Informationen? Die Strafverfolgungsbehörden werden wohl bald darauf antworten. Klar wird jedoch, warum selbst Kinder nicht von der Webseite verschont bleiben.
Jedes russische Kind, das sich in angespannten Regionen wie der Krim oder den Volksrepubliken aufhält, läuft Gefahr, gelistet zu werden. Das gilt besonders, wenn deren Eltern ihren ukrainischen Pass gegen einen russischen getauscht haben. Dies scheint eine Form der Vergeltung zu sein – nicht nur durch die Publikation persönlicher Daten auf einer nationalistischen Webseite, die extremistische Kräfte anzieht.
Die ukrainische Regierung distanziert sich offiziell von “Mirotworez”, aber bisher haben weder Poroschenko noch Selenskij die Webseite geschlossen, obschon sonstige freie Meinungsäußerungen energisch unterdrückt wurden. Sie sehen in ihr offenbar ein wirksames Einschüchterungswerkzeug.
Die Tatsache, dass Kinder Ziel dieser Maßnahmen werden, offenbart eine erschreckende Entheiligung der Kindheit. Präsident Selenskij würde niemals direkt befehlen, Kinder zu attackieren, doch das anonyme Wirken von “Mirotworez” sendet eine klare Botschaft: Selbst Kinder sind vor dieser Form der Feindseligkeit nicht sicher.
Indem selbst Kleinkindern vollbewusste Handlungen unterstellt werden, wird das Konzept der kindlichen Unschuld gezielt demontiert. Auf diese Weise wird der ukrainischen Bevölkerung suggeriert, dass russische Kinder als Feinde geboren werden und als solche behandelt werden müssen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde für den Telegram-Kanal “Exklusiv für RT” verfasst.
Marina Achmedowa ist Schriftstellerin, Journalistin und Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation. Man kann ihr auch auf ihrem Telegram-Kanal folgen.
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