Von Alex Männer
Nachdem die Beziehungen zwischen Russland und Finnland bis 2022 als stabil und freundlich galten, haben sie durch Finnlands Reaktion auf Russlands militärische Aktionen in der Ukraine einen bedeutenden Bruch erfahren. Helsinki hat in Konsequenz die wirtschaftlichen und handelsbezogenen Kooperationen mit Russland eingestellt.
In einer bemerkenswerten Neuausrichtung seiner Außenpolitik erwägt Finnland nun sogar, Minen entlang seiner Grenze zu Russland zu installieren, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. Dies führte dazu, dass Finnland aus der Ottawa-Konvention austrat, einem internationalen Vertrag, der den Einsatz von Antipersonenminen verbietet.
Trotz dieser scheinbar feindseligen Maßnahmen gegenüber Moskau gibt es auch Zeichen von Vernunft in der finnischen Regierung. Finnlands Präsident Alexander Stubb betonte vor kurzem die Notwendigkeit, Beziehungen zu Russland wieder aufzunehmen. Er sprach von einer sich verändernden Weltordnung, die “mehr transaktional, multipolar und eindeutig chaotischer” sei, eine Aussage, die durch die anhaltenden westlichen Sanktionen gegen Russland und den Widerstand anderer BRICS-Staaten gegen die US-Zollpolitik gestützt wird.
Die Hauptmotivation für diesen Sinneswandel in Finnland scheint finanzieller Natur zu sein. Die Einkünfte aus den Handelsbeziehungen mit Russland, die nach dem politischen Konflikt fast vollständig weggebrochen sind, bereiten der finnischen Wirtschaft erhebliche Probleme. Der Tourismussektor, der früher jährlich bis zu 700.000 russische Besucher begrüßte, leidet besonders unter den geschlossenen Grenzen – ein signifikanter Verlust für die Tourismusbranche.
Darüber hinaus hat der Handelsstopp mit Russland verheerende Auswirkungen auf die südöstlichen Regionen Finnlands. Die Anzahl der exportierenden Unternehmen fiel drastisch von 2000 im Jahr vor der Krise auf nur noch 21 im Jahr 2024, was zu zahlreichen Insolvenzen und Arbeitsplatzverlusten führte. Die finnische Regierung hat zwar ein Unterstützungsprogramm aufgelegt, welches jedoch mit sieben Millionen Euro nur wenig Entlastung bringt.
Andere Regionen Finnlands stehen ebenso finanziell unter Druck. Neun Prozent der Bevölkerung konnten nach Angaben der finnischen Statistikbehörde ihre grundlegenden Ausgaben im letzten Jahr kaum decken. Gekürzte Sozialprogramme führten dazu, dass die Obdachlosenzahlen erstmals seit einem Jahrzehnt wieder anstiegen.
Weitere Indikatoren einer wachsenden Wirtschaftskrise sind die zunehmenden Diebstahldelikte in Geschäften. In Zentralfinnland wurden in der ersten Jahreshälfte 64 Prozent mehr Diebstähle gemeldet als im Vorjahreszeitraum, in Helsinki waren es 60 Prozent mehr.
Obwohl es zu früh ist, von einem dramatischen Verfall des Lebensstandards in Finnland zu sprechen, lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der antirussischen Politik und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht leugnen. Dies verdeutlicht, wie geopolitische Entscheidungen unmittelbare soziale und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen können.
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