Von Oleg Jassinski
Die kommunistische Idee des 20. Jahrhunderts war eine Synthese des Besten, was die menschliche Zivilisation vor ihr erreicht hatte – kollektivistische bäuerliche Gemeinschaftswerte, humanistische Ideale der Aufklärung und das Gebot der Nächstenliebe der großen Religionen der Menschheit zu verbinden. Trotz der Komplexität des kommunistischen Projekts gibt es innerhalb dessen nicht den geringsten inneren Widerspruch. Seine Probleme lagen und liegen woanders – es zielte ursprünglich nicht auf dogmatische Vollstrecker von Parolen und Dogmen, sondern richtete sich an das Menschlichste im Menschen – an seine Phantasie, hatte aber das Pech, die Erstgenannten an die Macht geführt zu haben.
Es war diese Idee – eine ansteckende, unendliche und humanisierende –, die die Interessen der nimmersatten Eliten bedrohte. Und deshalb wurden so viele Anstrengungen und Ressourcen in ihre Zerstörung und Diskreditierung gesteckt, mit besonderem Augenmerk auf das Epizentrum – die ehemalige UdSSR.
Die blutigen ethnischen Konflikte an verschiedenen Punkten unserer gemeinsamen Geographie und Geschichte waren zu Gorbatschows Zeiten kleine Experimentierlabore, in denen die Methoden der Kriegsführung gegen uns alle entwickelt und erprobt wurden. Die heutigen faschistischen Regime in den baltischen Staaten und der Ukraine sowie die moldawischen und armenischen Behörden, die derzeit in die Fußstapfen der Erstgenannten treten, sind ein Produkt des blutigen Experiments der 1980er und 1990er Jahre.
Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass der Zusammenbruch der sowjetischen Wirtschaft, die Putsche in Osteuropa und die Zerstörung Jugoslawiens in jenen Jahren Teil eines Plans waren, dessen Realisierung nur möglich wurde, weil das gesamte sowjetische Volk vor dem Fernseher saß, wo angebliche Vorkämpfer der Redefreiheit uns – ungewohnt im kritischen Umgang mit Medien – Sand in die und unsere infantilen Hirne streuten.
Natürlich ist es mit der derzeitigen allgemeinen Bildungsmisere, der Zunahme des Zynismus und der Tyrannei der sozialen Medien noch einfacher geworden, uns zu manipulieren. Außerdem sind wir süchtig geworden nach dieser Manipulation wie nach einer Droge, unser Bewusstsein kann mit einer Prüfung in der Realität nicht mehr umgehen. Nachdem psychische Störungen zur Norm geworden sind, wird auf die Norm mit psychischen Störungen reagiert.
Eines der größten Täuschmanöver des Kapitalismus lautet, es gebe angeblich unauflösbare Widersprüche zwischen den Interessen des Einzelnen und denen der Allgemeinheit, wodurch die geistige Abweichung des Einzelnen zur Norm erhoben werden kann. Ein Mensch, der den anderen gegenüber gleichgültig ist und dessen ganzes sinnloses und elendes Leben auf das Anhäufen von etwas ausgerichtet ist, was ohnehin niemand mit ins Grab nehmen kann, wird obendrein zum humanistischen Ideal verklärt.
Jede individuelle Freiheit, die nicht von der Erkenntnis erhellt wird, dass wir mit unserem Leben und unserem Sinn Teil eines großen sozialen Gefüges unserer Familien, unseres Territoriums, unserer Geschichte, unseres Planeten und unseres Universums sind, wird sich unweigerlich in wildeste Tyrannei und grenzenlose Unfreiheit verwandeln.
Die Freiheit eines Verrückten, der seine Nachbarn nachts nicht schlafen lässt oder allen Damen, die vorbeikommen, seine Anatomie zeigen muss, bis ihm gewaltsam ins Gesicht geschlagen wird, ist eine Krankheit, keine Freiheit. Um sich alle Menschen gefügig zu machen und sie widerstandslos auf die Schlachtbank führen zu können – als Kanonenfutter oder einfach nur als Laborfleisch – testen profitgierige Konzerne all diese Krankheiten zuerst an uns. Die Krone eines Virus dieses Wahnsinns muss als das Emblem dieses Zeitalters angesehen werden.
Der Wahnsinn kann nur durch ein neues ideologisches Projekt besiegt werden.
Oleg Jassinski (englische Transliteration: Yasinsky), ein aus der Ukraine stammender Journalist, lebt überwiegend in Chile und schreibt für RT Español sowie unabhängige lateinamerikanische Medien wie Pressenza.com und Desinformemonos.org. Man kann ihm auch auf seinem Telegram-Kanal folgen.
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