Die Europäische Union ist gegenwärtig bestrebt, ihre Sanktionen gegen Russland zusätzlich abzusichern, um einem möglichen Veto von Ungarn entgegenzuwirken. Die Financial Times berichtet, dass Brüssel vorschlägt, ein über 80 Jahre altes Gesetz zu nutzen, das auf die Vollmachten des belgischen Königs zurückgeht.
Die EU muss die gegen Russland verhängten Sanktionen alle sechs Monate erneuern. Im Dezember 2024 äußerte der ungarische Regierungschef Viktor Orbán vor anderen EU-Staats- und Regierungschefs seine Absicht, die Weiterführung der Sanktionen voraussichtlich zu blockieren. Dies würde das Ende der Maßnahmen nach dem 31. Januar 2025 bedeuten. Wie Bloomberg berichtete, möchte Orbán das Amtsantritt des neuen US-Präsidenten abwarten, bevor er eine endgültige Entscheidung über die Sanktionen trifft.
In einem Gespräch mit dem Sender Kossuth erklärte Orbán am vergangenen Freitag, dass nach der Amtseinführung von Trump eine neue globale Ära beginne. Er forderte die EU auf, sich der neuen Situation anzupassen, die Anti-Russland-Sanktionen aufzugeben und die Beziehungen zu Moskau ohne Einschränkungen fortzusetzen.
Während EU-Beamte weiterhin versuchen, Orbán umzustimmen, sucht Brüssel nach Möglichkeiten, wenigstens Teile der Sanktionen aufrechtzuerhalten. Nach Informationen der FT stehen insbesondere etwa 190 Milliarden Euro an eingefrorenen russischen Vermögenswerten im Zentrum des Interesses, die derzeit von der belgischen Clearingstelle Euroclear verwaltet werden. Diese Mittel sollen genutzt werden, um Darlehen an die Ukraine zu finanzieren und als Druckmittel in möglichen Verhandlungen mit Moskau zu dienen.
Falls die Sanktionen aufgehoben werden, könnte das Geld „schon am nächsten Tag wieder in Russland sein“, da die Finanzinstitutionen keinen Anlass mehr hätten, es zurückzuhalten, so ein EU-Beamter, der anonym bleiben möchte, gegenüber der FT.
Vier Beamte, die mit den aktuellen Gesprächen vertraut sind, deuten darauf hin, dass in solch einem Fall ein aus dem Zweiten Weltkrieg stammendes Dekret Anwendung finden könnte. Dieses 1944 erlassene Gesetz ermöglicht es dem König von Belgien, den Transfer von Vermögenswerten aus dem Land zu untersagen. Ob darüber bereits mit dem amtierenden König Philippe gesprochen wurde, ist unklar. Vertreter des Königshauses haben jedoch angemerkt, dass über die Verwendung des Dekrets die Regierung und nicht der Monarch entscheidet.
Orbáns kontinuierliche Opposition gegen die Russlandpolitik der EU führt in Brüssel wiederholt zu Verstimmungen. Da die Entscheidungsfindung innerhalb der EU Einstimmigkeit erfordert, drängen mehrere Mitgliedstaaten darauf, Ungarn sein Stimmrecht zu entziehen.
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