Verliert Armenien seine staatliche Unabhängigkeit an eine US-Militärfirma?

Von Jewgeni Krutikow

Einem Bericht der spanischen Online-Zeitung Periodista Digital zufolge haben Armenien, Aserbaidschan und die USA ein Memorandum über die Errichtung des Sangesur-Korridors unterzeichnet. Die Zeitung behauptet, Zugang zu einem vertraulichen Dokument mit dem Titel „Absichtserklärung über die Schaffung des Transportkorridors Trump-Brücke“ erhalten zu haben. Dieses sei bereits von den beteiligten Ländern genehmigt worden:

“Es ist uns gelungen, die Kopie eines vertraulichen Dokuments namens ‘Absichtserklärung über die Schaffung des Transportkorridors Trump-Brücke’ zu erhalten. Laut unseren Quellen wurde dieses Dokument bereits in Armenien, Aserbaidschan und den USA verabschiedet.”

Die Zeitung berichtet weiter, sie habe die Information durch anonyme Quellen aus der armenischen Diaspora in Frankreich erhalten, die angeblich Verbindungen zur armenischen Regierung haben. Laut dem Memorandum soll das Projekt einen Transportkorridor durch die Region Sjunik im Süden Armeniens beinhalten, welcher Aserbaidschan mit seiner Exklave Nachitschewan verbinden würde. Es wird betont, dass Armenien die Souveränität über Sjunik behalten soll, während der Korridor von einem privaten US-Unternehmen betrieben wird.

Trotz dieser Berichte gibt es keine offizielle Bestätigung für die Übereinkunft. Laut der russischen Zeitung Wsgljad liegen derzeit drei unterschiedliche Vorschläge auf dem Verhandlungstisch, keiner davon sei bisher angenommen worden.

Die US-Version des Korridors sieht vor, dass ein 42 Kilometer langer Abschnitt für 99 Jahre an ein nicht näher benanntes US-Unternehmen verpachtet wird. Die Einnahmen aus den Verkehrsgebühren sollen so aufgeteilt werden: 40 Prozent für die USA und je 30 Prozent für Armenien und Aserbaidschan. Der Korridor sowie die hier verkehrenden Lastwagen und ihre Ladungen würden von einem 1.000 Mann starken Kontingent eines privaten Militärdienstleisters aus den USA geschützt, allerdings ohne schwere Waffen.

Das armenische Außenministerium hat bereits dementiert, dass der Bericht der spanischen Zeitung der Wahrheit entspricht. Allerdings wurde das Vorhandensein eines solchen Vorschlags nicht verneint.

Die Einbeziehung Russlands in diesen Vorschlag ist nicht vorgesehen, obwohl das Abkommen von 2020 eine Mitwirkung der russischen Grenztruppen vorsieht.

auch die anderen beiden Vorschläge erkennen nicht die Rolle Russlands an. Der armenische Vorschlag fordert eine Kontrolle durch entweder eine rein armenische Einheit oder möglicherweise europäische Friedenstruppen, hauptsächlich aus Frankreich. Aserbaidschans Vorschlag sieht exklusiv aserbaidschanische Militärpräsenz vor, was für Armenien den vollständigen Verlust seiner Souveränität über Sjunik bedeuten würde.

Der Durchsickern der US-Version in die Öffentlichkeit könnte durch Frankreich erfolgt sein, einem Land, das strategisch in dieser Angelegenheit stark betroffen ist. Hauptnutznießer dieses Plans würde jedoch die Türkei sein, die dadurch ihre geostrategischen Interessen in der Region weiter ausbauen könnte. Auch der Iran betrachtet die Entwicklungen mit Sorge, besonders bezüglich der möglichen amerikanischen Überwachung an seiner Nordgrenze.

Bei dieser komplexen geopolitischen Lage sind die Aussichten auf einen baldigen Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan unsicher, während Baku möglicherweise eine strategie des langen Atems verfolgt, um seine Ziele schrittweise zu erreichen.

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